Von den Rebbergen des Spitzenweinguts Jauslin ist es nicht weit bis in die Stadt Basel. Regionale Weine sind in den dortigen Lokalen gefragter denn je.

Von den Rebbergen des Spitzenweinguts Jauslin ist es nicht weit bis in die Stadt Basel. Regionale Weine sind in den dortigen Lokalen gefragter denn je.
© Thomas Ruf

Basel: Wine in the City

Basel ist Weinstadt, doch das wissen nicht einmal die Basler selbst. Auf dem Grund des Stadtkantons steht eines der besten Weingüter der Schweiz sowie eine Kellerei, die sogar Trauben aus anderen Regionen in der Stadt verarbeitet.

Es scheint so, als gehöre der Basler Weinbau zu den bestgehüteten Geheimnissen der Schweiz. Selbst die Einwohner der Schweizer Rhein-Metropole sind sich häufig nicht bewusst, dass Weinbau in ihrer Stadt existiert. Dabei ist der Weg in die Basler Reben vom Stadtzentrum aus gar nicht so weit. Rund 15 Minuten dauert die Fahrt vom Basler Bahnhof aus bis nach Riehen, dem Ort, an dem die Weine der Mini-DOC-Baselstadt entstehen.

Der Rebbau hier blickt auf eine über 1200-jährige Geschichte zurück. Seine Blütezeit erlebte er zwischen dem 16. und 18 Jahrhundert, als reiche Basler begannen, hier Landgüter für den Rebbau zu erwerben. Ende des 18. Jahrhunderts umfasste die Rebfläche satte 70 Hektar, sank über die Jahrhunderte auf 0,4 Hektar, bis der Weinbau von der Gemeinde Riehen wiederbelebt wurde.

Heute sind es rund fünf Hektar – aufgeteilt auf zwei Weingüter. Eines davon ist das Weingut Riehen, das bis 2013 von der Gemeinde selbst geführt wurde. Als diese im darauffolgenden Jahr Pächter suchte, bekamen der deutsche Starwinzer Hans­peter Ziereisen und Thomas Jost, der bis 2018 als Betriebsleiter fungierte, den Zuschlag. Ein Glücksfall für die Gemeinde und den Stadtbasler Weinbau, denn das Weingut entwickelte sich prächtig.

2018 übernahmen Jacqueline und Urs Ullrich den Betrieb gemeinsam mit Ziereisen. Im selben Jahr kam auch Silas Weiss, der aktuelle Betriebsleiter, ins Weingut. Er kümmert sich heute um die 3,8 Hektar Rebfläche sowie den Keller des Hauses. Die Rebflächen des Weinguts liegen in unmittelbarer Nähe zur deutschen Grenze, im unteren Teil des Tüllinger Bergs, der auch als Schipf bezeichnet wird. Eine Lage, die sich durch ihre Böden aus Süsswasserkalk mit Löss-Lehm-Auflage kennzeichnet.

«Man merkt, dass es den Restaurants heute wichtig ist, lokale Produkte anzubieten».
Silas Weiss, Betriebsleiter Weingut Riehen

Kollektion des Jahres

Wie einzigartig das Potenzial des Schipfs ist, offenbart der Falstaff Weinguide Schweiz 2022. Unglaubliche 94 Punkte erreichten die Riehen-Weine aus dem Jahrgang 2018 im Durchschnitt, was dem Weingut den Titel «Kollektion des Jahres» einbrachte. Als wir Silas Weiss treffen, zeigt er sich zufrieden mit der Entwicklung des Betriebs in den letzten Jahren. Mittlerweile hat das Weingut einen Namen in der Schweiz.

«Mit dem Jahrgang 2018 haben wir einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Auch in Basel selbst ist die Nachfrage nach unseren Weinen noch einmal deutlich gestiegen. Man merkt, dass es den Restaurants heute wichtig ist, lokale Produkte anzubieten», erzählt Weiss. Aber nicht nur in Basel und der Schweiz sind die Riehen-Weine heiss begehrt. Seit geraumer Zeit exportiert man auch ins Ausland, nach New York beispielsweise, Taiwan und Deutschland.

«Wir würden uns gerne noch etwas vergrössern, aber in Riehen, auf Schweizer Boden, ist das leider nicht möglich», erzählt Weiss. Deshalb pachtete das Weingut im Jahr 2019 Reb­berge auf deutschem Gebiet. Ein Projekt, das mittlerweile jedoch wieder verworfen wurde. Der administrative Aufwand war letztlich zu kompliziert. Den Blaufränkisch, der in dieser Zeit entstand, bringt Riehen aber dennoch bald auf den Markt. Wir sind gespannt, wie er sich im Glas präsentiert.

Wie Silas Weiss erlebt auch Thomas Engel eine verstärkte Nachfrage nach Basler Weinen. Er arbeitet als Kellermeister für die grösste Kellerei der Region, Siebe Dupf in Liestal. Engel macht für diese Entwicklung vor allem den grossen Qualitätssprung verantwortlich, den die Basler Winzer in der letzten Dekade verzeichnet haben. «Wir arbeiten noch qualitätsbewusster, ernten lieber weniger, dafür aber in besserer Qualität», erzählt er uns. Zum anderen seien Initiativen wie «Aus Stadt und Land», die regionale Produkte aus Basel fördern, hilfreich.

«Wir arbeiten noch qualitätsbewusster, ernten lieber weniger, dafür aber in besserer Qualität.»
Thomas Engel, Kellermeister Kellerei Siebe Dupf

Den Stadtbaslern ist Siebe Dupf auch als Weinhändler bekannt. Direkt in Basel betreibt das Unternehmen eine Filiale, in der auch Weine aus Spanien, Frankreich oder aus dem Burgund vertrieben werden. Zum Burgund zieht Engel auch hinsichtlich der Anbaubedingungen in und um Basel eine direkte Verbindung. «Das Klima in unserer Region ist ausserordentlich günstig für Weinbau, da wir von der burgundischen Pforte profitieren. Das bedeutet vergleichsweise viele Sonnenstunden und wenig Niederschläge», verrät er uns.

Zu den Top-Weingütern im Kanton Baselland gehört das Weingut Jauslin im an die Stadt angrenzenden Muttenz. Das Familienweingut ist in der Vereinigung Mémoire des Vins Suisses und beweist mit ihren Schatzkammerweinen, dass Basler Wein auch reifen kann. Das biodynamisch arbeitende Weingut Klus 177 oder auch das Weingut ­Tschäpperli sind unter Kennern von Schweizer Wein längst mehr als  Geheimtipps.

Die Stadtkellerei

In der Stadt Basel selbst macht aber letztlich nur einer Wein. Und das ist Valentin Schiess. Erst kürzlich bezog der studierte Ethnologe nach zweijähriger Bauphase seine neue «Urban Winery» an der Lyonstrasse. Dort werden die Weine gekeltert, die er unter dem Namen Vinigma vertreibt. Bevor Schiess in Basel aktiv wurde, ging Schiess der Weinherstellung auf den Grund. Lernte in Spanien, Bordeaux, Australien und schloss in Beaune und Dijon sein Önologiestudium ab. Anfang der 1990er, zurück in der Schweiz, wirkte er als Kellermeister in der Ostschweiz und reiste später im Auftrag eines Getränkeherstellers durch die Welt. Irgendwann wollte Schiess jedoch sein eigenes Ding machen, fand passende Räumlichkeiten in Basel und startete seine Stadtkellerei Vinigma.

«Ich brauche Menschen, die mich verstehen und meine Ideen umsetzen, denn die Weine müssen meine Handschrift tragen.»
Valentin Schiess, Winzer

Seit dem Jahrgang 2012 bringt er einmal im Jahr die Trauben seines Rebbergs im bündnerischen Jenins nach Basel und keltert daraus Wein. «Ich mach das gerne, auch wenn die Leute sich manchmal die Augen reiben und fragen weshalb», erzählt Schiess. Ausserdem arbeitet er mit Winzern wie dem Walliser Amadée Mathier oder Ueli Bänniger vom Weingut Tschäpperli in Aesch zusammen, die für ihn Weine nach seinem sensorischen Profil herstellen. «Das Wichtigste hierbei ist die Verlässlichkeit der Produzenten. Ich brauche Menschen, die mich verstehen und meine Ideen umsetzen, denn die Weine müssen meine Handschrift tragen», sagt er.

Überraschend: Schiess macht heute rund einen Viertel seines Umsatzes in Japan und Korea. Ein Glücksgriff für ihn, denn der asiatische Markt half seinem Unternehmen in den letzten schwierigen Jahren. Schiess ist davon überzeugt, dass Wein etwas zum Teilen ist – das treibt ihn an. «Für mich gibt es nichts schöneres, als zu sehen, wenn die Menschen strahlen, wenn sie meine Weine geniessen», sagt Schiess. Die Basler Weinmacher bieten allen Grund dazu.

ZUM BEST-OF-BASEL TASTING

Erschienen in
Basel Spezial 2022

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