Bad Ragaz: Wassmer und Germann im Falstaff-Interview
Neu mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet: Silvio Germann und Sven Wassmer
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Neu mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet: Silvio Germann und Sven Wassmer
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FALSTAFF: Wie oft waren Sie im Restaurant des anderen Essen – und wie gefällt es Ihnen dort?
Sven Wassmer: Ich war dreimal im «Igniv», das letzte Mal ist allerdings leider schon eine Weile her. Es ist ein wunderbarer Ort, um mit ein paar Freunden einen schönen Abend zu verbringen. Wegen der lockeren Atmosphäre, dem Sharing-Konzept und dem hohen Niveau der Küche. Mir gefällt, dass Silvio beim Abschmecken eine klare Linie hat und mit der Säure gekonnt Akzente setzt. Seine Gerichte sind unkompliziert und trotzdem sehr finessenreich.
Silvio Germann: Ich habe schon in Vals bei Sven gegessen und hier in Bad Ragaz natürlich wieder. Was er und sein Team im «Memories» auf die Beine stellen, ist wirklich eindrücklich. Er hat einen ganz eigenen Stil. Man sieht einen Teller, probiert von dem Gericht und weiss: Das ist eine Wassmer-Kreation. Diese Unverwechselbarkeit findet man nicht oft.
Die Vergabe der Michelin-Sterne kurz vor dem Lockdown war für Sie beide eine sehr emotionale Sache, wie man hört.
Sven Wassmer: Das kann man wohl sagen. Als Silvios Name bei der Präsentation in Lugano aufleuchtete, habe ich mich unheimlich für ihn gefreut. Als unmittelbar danach aber ein anderes Lokal geehrt wurde, fragte ich mich: Was ist mit uns? Haben wir es nicht geschafft? Ich war sehr angespannt, schliesslich liefert so ein Anlass das Feedback für ein ganzes Jahr Arbeit. Zwei Sterne zu haben, das ist nie selbstverständlich. Umso erleichterter war ich, als es fast ganz am Schluss doch noch hiess: Auch das «Memories» bekommt diese Auszeichnung! Auf dem Weg zurück von der Bühne haben Silvio und ich uns dann spontan umarmt.
Silvio Germann: Ich hätte nie damit gerechnet, zwei Sterne zu bekommen, obwohl wir uns gesagt hatten: Jetzt sind wir so stabil. Lasst uns alles tun, um das nächste Level zu erreichen. Für den Tag der Michelin-Gala hatte ich eigentlich schon einen Flug nach Thailand gebucht. Andreas Caminada überredete mich dann aber, doch mit nach Lugano zu kommen. Dort war die Freude dann natürlich enorm. Sie wurde noch grösser, als Sven und Marcel Skibba vom «Igniv» St. Moritz ganz zum Schluss ebenfalls aufgerufen wurden.

Zwei Sterne für das «Memories» von Sven Wassmer sowie das «Igniv» von Silvio Germann im «Grand Resort Bad Ragaz».
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Wie sehr sind Sie auch Konkurrenten?
Sven Wassmer: Früher gab es unter den Köchen sicher ein mehr oder weniger starkes Konkurrenzdenken. Heute sehen wir uns alle viel mehr als Partner und Freunde. Wenn wir in Bad Ragaz zwei Restaurants auf Zweisterneniveau haben, zieht das mehr Kulinarikinteressierte an als nur eines. Davon profitieren wir beide.
Silvio Germann: Ich sehe das genauso wie Sven. Und: Die Konzepte unserer Restaurants sind grundverschieden. Beide haben ganz unterschiedliche Stärken, decken andere Bedürfnisse ab. Es gibt keinen Grund, warum Gourmets nicht an einem Tag drüben im «Memories» und am anderen im «Igniv» essen sollten.
Wie oft begegnen Sie sich im Alltag? Ihre Restaurants liegen ja praktisch an den entgegengesetzten Enden des Resorts.
Silvio Germann: Wenn ich etwas für die Küche brauche, hilft Sven mir immer gerne aus. Umgekehrt gilt das natürlich auch. Haben wir beide etwas freie Zeit, trinken wir einen Kaffee zusammen, hin und wieder auch ein Feierabendbier. Ausserdem schreiben wir uns regelmässig oder telefonieren miteinander.
Sven Wassmer: Wir würden uns bei aller gegenseitigen Wertschätzung und Freundschaft wohl auch nicht viel öfter sehen, wenn die Restaurants gleich nebeneinander lägen. Die Arbeit ist dafür einfach zu intensiv, an erster Stelle steht für uns beide, dass wir mit unseren Teams die Erwartungen der Gäste erfüllen können. Umso mehr geniesse ich es, wenn ich mit Silvio auf dem Golfplatz ein paar Bälle abschlagen kann.
Gibt es Pläne für kulinarische Events mit Ihnen beiden im «Grand Resort»?
Silvio Germann: Das wäre sicher eine interessante Sache, und wir haben uns darüber auch schon ein paar Gedanken gemacht. Noch ist das aber Zukunftsmusik.
Sven Wassmer: Mein ganzer Fokus liegt derzeit auf meinen Kernaufgaben, und das ist ja auch bei Silvio so. Es würde mich aber schon reizen, einmal die Rollen zu tauschen. Wir vom «Memories» machen Sharing, das «Igniv»-Team ein Menü im klassischen Format.
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