Das Dorf Torroja del Priorat ist umsäumt von Reben und Bergen.

Das Dorf Torroja del Priorat ist umsäumt von Reben und Bergen.
© Terroir al Limit / Gerd Kressl

Neue Priorität in Priorat

In den vergangenen Jahren wurden im spanischen Priorat Rotweine wie in Bordeaux gemacht. Jetzt setzt man vermehrt auf alte regionale Rebsorten. Und das mit Erfolg.

Das Priorat ist ein kleines Weinbaugebiet im spanischen Katalonien, etwa 30 Kilometer von der Provinzhauptstadt Tarragona entfernt. Das Anbaugebiet umfasst 1.900 Hektar Rebland und leitet seinen Namen vom einstigen Priorat des heute nur mehr als Ruine erhaltenen Kartäuserklosters Cartoixa d’Escaladei her. Es gilt als Wiege des katalonischen Weinbaus und war bereits im Mittelalter wegen seiner kräftigen und haltbaren Rotweine hochgeschätzt.

Die Rebstöcke wachsen auf steilen Hängen und speziellen Schiefer- und Quarzböden, die hier Llicorella-Böden heißen. Im Norden von den Montsant-Bergen vor kühlen Winden und Niederschlägen geschützt, reichen die Weingärten bis auf fast eintausend Meter Seehöhe. An maschinelle Bewirtschaftung ist in diesen Steilterrassen nicht zu denken, die Erträge sind hier extrem niedrig. Zu 90 Prozent werden Rotweine erzeugt, die traditionellen Sorten sind Garnacha Tinta (in Katalonien: Garnatxa) und Cariñena (auch: Mazuelo), auch etwas Tempranillo, der hier Ull de Llebre heißt. In jüngerer Zeit wurden aber auch Syrah, Merlot, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon kultiviert.

Die Weißweine – meist Cuvées – erreichen ebenfalls hohes Niveau: Garnacha Blanca, Macabeo, die Muscat-Sorten und Pedro Ximénez sind hier heimisch, auch Viognier fühlt sich wohl. Bis zum Ende der 80er-Jahre lag das Priorat im Dornröschenschlaf, die Weine waren sehr rustikal und schlicht. Dann begannen Winzer von außerhalb, sich für die alten Rebstöcke in den entlegenen Weinbergen zu interessieren. René Barbier und Álvaro Palacios sorgten mit dichten, kraftvollen Rotweinen, ausgebaut in neuem französischem Holz, für weltweites Aufsehen. Weine wie L’Ermita, Clos Erasmus oder Clos de l’Obac zählten bald zu den gefragtesten und teuersten Weinen Spaniens.

Bereits 2001 wurde dem Priorat als drittem Anbaugebiet – neben der Rioja und der Ribera del Duero – der höchste Status eines »DOCa-Gebiets« zuerkannt. Heute regelt das Consejo Regulador DOCa Priorat die Erzeugung von rund hundert Winzern, Weinkellereien und Genossenschaften und 600 Traubenerzeugern aus den elf Dörfern der Region, die fast zur Gänze vom DO-Monsant-Gebiet umschlossen wird.

Das Priorat hat im Jahr 2009 die Idee des burgundischen Systems der Ortsappellationen übernommen, heute sind bereits 37 »Vi de Vila« approbiert, darunter der Manyetes, ein Vi de Vila Gratallops von Clos Mogador, oder der Vi de Vila de Torroja von Terroir al Limit. Darüber liegen die Top-Weine, die Gutsweine unter der Bezeichnung »Vi de Finca Qualificada«. Für die Weine mit dieser streng regulierten Bezeichnung wird eine zehnjährige Anerkennung als Top-Wein vorausgesetzt. Bisher haben diese Spitzenqualifikation nur der rote »Mas de la Rosa« von Vall Llach und der Clos Mogador erhalten.

Als Anfang der 1990er-Jahre hier ein regelrechter Boom ausbrach, fanden die ersten Pioniere, die heute alle längst zu spanischen Winzerlegenden geworden sind, die vergessene Region im urtümlichen, aber auch unversehrten Zustand vor. Auf steilen Terrassen standen bis zu hundertjährige knorrige Rebstöcke, die auf kargen Felsböden nur geringe Erträge bringen. Mehr als fünf bis zehn Hektoliter im Durchschnitt sind hier nicht drin.

Noch vor wenigen Jahren setzte man auf neue französische Barriques und Rebsorten von Cabernet bis Syrah. Nun stehen mit Garnacha und Cariñena alte Reben im Vordergrund.

Auf Grund der Beschaffenheit des Terrains ist mechanische Bearbeitung kaum möglich, zu steil, zu schmal, zu anspruchsvoll ist das Gelände, das sich bis auf an die 1000 Höhenmeter erstreckt. Hier ist harte und intensive Arbeit angesagt. Anfang der 80er-Jahre hatte sich ein Franzose von den Côtes du Rhône in dieser wilden Weinlandschaft angesiedelt. Dank seiner Ausbildung an der Uni Bordeaux und seinem Praktikum auf Château Pétrus hatte er das Potenzial der Region schnell erkannt.

Es dauerte aber noch bis 1989, bis René Barbier seinen ersten Rotwein, den »Clos Mogador«, auf den Markt brachte. Längst sind weitere Weine, wie der feine pure Grenache Espectacle und der Carignan aus der Lage Manyetes, ebenso gefragt, sein Nelin zählt fraglos zu den besten Rotweinen aus dem Priorat. Zu den frühen Pionieren gehörte auch Carles Pastrana, ein Journalist aus Tarragona, der gemeinsam mit seiner Frau, der Önologin Mariona Jarque, das Weingut »Clos de l’Obac« aufbaute.

Einen weiteren Vertreter der Clos-Weine entwickelte José Luis Perez mit dem Clos Martinet. Heute steht mit Tochter Sara Pérez bereits eine Vertreterin der jungen Generation an den Schalthebeln dieses einflussreichen Betriebs, der gemeinsam mit Mas Martinet auch das Cims-de-Porrera-Projekt initiert hat und nebenbei Beratungstätigkeiten ausübt. Gemeinsam mit sieben Freunden erzeugt Sara Pérez aus einem Weingarten in Gratallops auch den fantastischen La Vinya del Vuit – den Wein der 8, dessen Kultpotenzial kaum zu übersehen ist.

Alvaro Palacios, ein Spross aus einer Winzerfamilie in der Rioja, war ebenfalls unter den Ersten, die das enorme qualitative Potenzial dieser Bergregion erkannten, und startete hier, Ende der 80er-Jahre und gerade zurückgekehrt von seinen Lehrjahren im Bordeaux, sein Priorat-Projekt. Palacios war stets ein Verfechter der lagenreinen Weine und propagierte die Gliederung des Sortiments in Regions-, Village- und Grand-Cru-Weine, um die Besonderheiten des jeweiligen Terroirs herauszuarbeiten: Mit dem Clos Dofí, im Jahr 1994 in Finca Dofí umbenannt, begann er in der Region, und er krönte sein Werk mit dem vielleicht besten Lagenwein Spaniens, dem »L’Ermita«, der längst weltweit Kultstatus bei Weinliebhabern genießt. Speziell in den USA berühmt geworden ist der »Clos Erasmus«, der von der Önologin Daphne Glorian, der Gattin des US-Weinimporteurs Eric Solomon, gekeltert wird. Die Tatsache, dass Robert Parker sowohl den 2004er als auch den 2005er mit 100 Punkten beehrte, war dabei sicherlich hilfreich.

Im Priorat-Fieber

Das wohl spannendste Projekt der letzten Jahre ist das Weingut »Terroir al Limit«, das vom Deutschen Dominik Huber in Torroja del Priorat mit größter Energie vorangetrieben wird. Huber stammt aus der Nähe von München und ließ sich im Alter von 18 Jahren bei einem Besuch in Ligurien von der mediterranen Kultur und ihrer puristischen Interpretation von Gastronomie in deren Bann schlagen. Zunächst jedoch studierte er Wirtschaft und Marketing in München, London und Madrid. Bereits während des Studiums machte Huber 1996 ein Praktikum bei Mas Martinet, wo ihn das Priorat-Fieber packte.

Nach dem Uni-Abschluss arbeitete er 2000 für ein weiteres Jahr bei der Pérez, ein Jahr später gründete er gemeinsam mit dem Südafrikaner Eben Sadie das Projekt »Terroir al Limit« und brachte den ersten Wein auf den Markt. Bis 2007 arbeitete Dominik Huber in Italien bei einer Olivenölfirma, dann in der Münchner Gastronomie, um sein Weingutsprojekt finanzieren zu können. Seit 2007 lebt er nun inmitten der katalonischen Weinberge, und seitdem hat er seine ungemein finessenreichen Weine zu wachsender Bekanntheit geführt. Mit seinen raren Spitzenweinen »Les Manyes« und »Les Tosses« hat nun auch er im Priorat Weingeschichte geschrieben.

Weiterführende Informationen erhalten Sie
über das Tourismusbüro Priorat:
www.turismepriorat.org

Aus Falstaff Magazin Nr. 04/2014

Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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