Dinner neben Weinreben: das »Entre Cielos« in der Nähe von Mendoza.

Dinner neben Weinreben: das »Entre Cielos« in der Nähe von Mendoza.
© Entre Cielo

Gran Argentina: Vielfalt und unendliche Weite

Eines ist Argentinien ganz bestimmt nicht: langweilig. Das Land besticht durch seine Vielfalt und unendliche Weite.

Rund ein Drittel aller Argentinier lebt derzeit in der Hauptstadt: 13 Millionen. Kulinarisch ist Buenos Aires von der Mischung seiner Einwohner geprägt: Latinos und Europäer. Auf den Tisch kommen das Beste aus den europäischen Küchen, die perfektesten Steaks der Welt und die raffinierten Gerichte der Indigenas. Das Zauberwort in der argentinischen Nationalküche lautet aber immer noch Rindfleisch.
Wer in eine »Parrilla« geht, also in ein klassisches Fleischrestaurant, sieht die ganze Pracht auf einem Grill über der Holzkohle brutzeln. Nicht nur der Grill hat für europäische -Verhältnisse gigantische Ausmaße, auch das Fleisch, das darauf landet, hat XXL-Format. Die Zubereitung ist dabei denkbar einfach – nur etwas Salz, das genügt. Mehr braucht es auch nicht. Die Bestellung will gelernt sein. »A punta« heißt medium, will man sein Fleisch englisch-blutig, bestellt man es »bien jugoso«, und gut durch heißt »bien hecho«. Das Fleisch wird aufgrund seines erstklassigen Geschmacks zumeist ohne Soße oder nur mit Chimichurri gegessen. Das ist eine köstliche Marinade, die aus Kräutern wie Petersilie, Thymian, Oregano, viel Knoblauch, Olivenöl und Zwiebeln zubereitet wird.
Über die Frage, welche die beste »Parrilla« der Stadt ist, können die Porteños, die Einwohner von Buenos Aires, ebenso so hitzig streiten wie über die Frage, welcher der bessere Fußballklub ist – River Plate oder Boca Juniors. Kenner schwören auf das »Aramburu«. Das kleine Lokal liegt jenseits der Touristenströme im Barrio Congreso. Küchenchef Gonzalo Aramburu setzt auf moderne argentinische Küche und nutzt dabei auch Methoden der Molekularküche. »Ich arbeite schon mal mit flüssigem Stickstoff und nutze das Sous-vide-Verfahren«, sagt Aramburu, der auf der Liste »The World’s 50 Best« als einer der 50 besten Köche Südamerikas genannt wird. »Mein Anspruch ist, Textur, Aroma und Geschmack zu einem kulinarischen Gesamterlebnis zu verschmelzen«, betont Aramburu. Eine Speisekarte gibt es nicht. Die Gäste besprechen mit dem Gastgeber das zwölfgängige Menü hinsichtlich besonderer Vorlieben, und schon geht’s los: Kleine Tintenfisch-Kroketten betören mit ihrem einzigartigen Geschmack von Meeresfrüchten, und auch der Salat von frischen Pfirsichen, grünen Äpfeln und Rettich, verfeinert mit Olivenöl, Burrata und Kokosnussmilch, begeistert selbst verwöhnte Gourmets. Absoluter Höhepunkt der Speisenfolge ist aber ein kalt geräuchertes Filetsteak, das mit auf drei verschiedene Arten zubereiteten Süßkartoffeln auf den Tisch kommt. Der Geschmack ist einfach unbeschreiblich.

»Don Julio« ist eine Institution im Szeneviertel Palermo. Wer nicht reserviert hat, muss sich auf Schlangestehen einstellen. Doch das Warten lohnt sich. Freundliche Grillmeister brutzeln Steaks in allen Variationen. Immer eine gute Wahl ist »lomo«, ein Filet, unglaublich zart und saftig, dazu ein kräftiger Rotwein – was will man mehr?
Palermo ist ein Viertel, in dem Besucher auf Entdeckungsreise gehen sollten. Immer wieder eröffnen dort neue Galerien, Designerläden, Cafés und Restaurants, die sich auf Sushi, peruanische oder armenische Küche spezialisiert haben. Sogar vegetarische Lokale gibt es hier.
Richtig nobel geht es in Recoleta zu. Dort befindet sich mit dem berühmten Friedhof eine der Hauptsehenswürdig-keiten der Stadt, und es gibt auch schöne Parks, Museen und elegante Boutiquen. Auch zwei der besten Hotels sind hier. Das »Park Hyatt« befindet sich im restaurierten Palais der Patrizierfamilie Duhau und wurde 2006 um einen Neubau ergänzt. Sämtliche Zimmer und Suiten sind luxuriös ausgestattet, und auch der Spa-Bereich mit großem Pool kann sich sehen -lassen. Für das leibliche Wohl der Gäste stehen gleich drei Restaurants zur Auswahl. Ausklingen kann der Abend in der stilvollen »Oak Bar«. 
Luxus und Eleganz sind auch beim »Four Seasons« das Leitmotiv. Mit dem »Elena« beherbergt das Hotel auch eines der angesagtesten Restaurants. 45 Tage gereiftes Fleisch steht im Mittelpunkt. 
Designinteressierte Reisende sollten indessen das »Faena Hotel & Universe« besuchen und sich anschauen, was Philippe Starck aus einem alten Getreidespeicher gemacht hat.

Mendoza - im Dorado des Malbec

Die Landschaft von Mendoza, 1200 Kilometer von Buenos Aires entfernt, ist malerisch: Die Aussicht erstreckt sich hier über ein einzigartiges Panorama – da ist das satte Grün gesunder Rebstöcke, das sich nach allen Richtungen ausbreitet, während der Blick nach Westen, dort, wo Chile und der Pazifik liegen, an einem langen Bergrücken der Anden hängenbleibt.
Es ist ein wildes Gebirge, das sich in dreißig Kilometer Entfernung auftürmt. Herausragend mit fast 6000 Metern ist der Cerro El Plata: Der ewige Schnee der Andengipfel sorgt mit mineralstoffhaltigem Schmelzwasser für das Überleben der Rebstöcke, und der raue Wind von den Bergen lässt Pilzbefall erst gar nicht aufkommen.
Zudem ist die Luft in Mendoza trocken und sauber und das Licht hell. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht erreichen oft 15 Grad und mehr, was die Bildung der Aromen fördert. Ideale Bedingungen also für den Weinanbau.

Nach Mendoza, mitten ins Zentrum der argentinischen Weinwirtschaft, locken nicht nur die sattgrünen Weinhänge (unten), sondern auch die Entspannungsoasen im »Entre Cielos«-Hotel (oben).

»Wir hatten ursprünglich mit Wein gar nichts im Sinn«, erinnert sich Cécile Adam, die zusammen mit Schweizer Freunden auf der Suche nach dem idealen Platz für ein Spa-Hotel war. »Als wir diesen Platz entdeckten, war uns allen klar, dass wir hier unseren Traum verwirklichen können.« Entstanden ist »Entre Cielos« – ein modernistischer Betonbau mit sechzehn luxuriösen Zimmern, die nach den verschiedenen Reifegraden von Wein benannt sind. Die Kategorie »Klassik« ist noch relativ schlicht in Holz und Beton gehalten. »Gran Reserva« und »Cru« werden um warme Materialien, Kunstwerke und Textilien in raffinierten, kräftigen Farben erweitert. »Grand Cru« steht für höchsten Luxus mit privatem Jacuzzi und Terrasse am Weinberg.
»Limited Edition« schließlich ist ein eigenständiger, futuristischer Bau, der auf Stelzen über dem Weinberg schwebt. Der Clou: Durch ein Fenster im Dach lässt sich der nächtliche Sternenhimmel beobachten. Zum Resort gehören auch ein Spa und ein tradi-tioneller Hamam. In den beiden Restaurants können die Gäste den Wein von »Entre Cielos« genießen, der unter dem Namen »Marantal« in kleinen Mengen erzeugt wird.
Der Malbec ist immer eine gute Wahl mit seiner Aura aus Pflaumen, Blaubeeren, Gewürzen, Bitterschokolade und Tabak. Der tiefrote Tropfen, dessen Trauben direkt vor der Tür des »Entre Cielos« gedeihen, rinnt wohlig durch die Kehle.

Wein ist auch der einzige Grund, die Anlage zu verlassen. Und dazu bietet die Region von Mendoza, die hier an die 1500 Weingüter – darunter viele der besten Argentiniens – versammelt, viele lohnende Gelegenheiten. So gut wie alle Kellereien freuen sich über den Besuch von Weinliebhabern, viele haben 
täglich geöffnet. Dennoch sollte man eine Weinverkostung stets vorreservieren. 

Ein Pflichtbesuch gilt der eindrucksvollen Kellerei Catena Zapata, die aus der Ferne wie ein Mayatempel wirkt. Hier kann man neben einer Betriebsführung auch eine umfassende Degustation buchen. 
Ein besonderes Erlebnis ist ein Besuch mitten in der Altstadt von Godoy Cruz, wo in einem charmanten historischen Gebäude der Keller von Bodegas Caro wartet. Es handelt sich hierbei um eine Kooperation von Château Lafite-Rothschild mit Catena Zapata, die Know-how aus Alter und Neuer Welt vereint. Man verkostet die Palette von Aruma über Amancaya bis zum facettenreichen Topwein namens »Caro« – ein Wortspiel, in dem sich die Anfangsbuchstaben der beiden Familien verbergen.

Auf Touren

Kennenlernen sollte man auch die drei Michelini-Brüder. Sie erzeugen ausgezeichnete und zum Teil gewagte Weine. Spannend ist die Cuvée »Montesco Parral« aus Malbec, Cabernet Sauvignon und Bonarda, einer lange Zeit vernachlässigten Rebsorte mit jahrzehntelanger Tradition in Argentinien, oder der Pinot Noir »Montesco Punta Negra«. 
Privat ist Hotel-Chefin Cécile Adam gern im charmanten Städtchen Mendoza unterwegs. Es gibt einige tolle Restaurants und mit »Cachita’s« auch eine Cocktailbar. 
»Am Wochenende fahre ich gern in die Berge. Eine Autotour zum Aconcagua, dem mit 6962 Metern höchsten Berg Südamerikas, ist immer schön. Auch Wandern in Barreal oder Wildwassertouren oberhalb des Stausees Portreillos sind tolle Erlebnisse. Mein Lieblingsplatz wird aber immer ›Entre Cielos‹ sein«, sagt sie. Wer mag da widersprechen?

Falstaff Weinempfehlungen unter »MEHR ENTDECKEN«
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Aus Falstaff Nr. 01/2017.

Detlef Berg
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