Von der Terrasse des Restaurants »Arcadia« hat man den besten Blick auf die Bucht von Salò

Von der Terrasse des Restaurants »Arcadia« hat man den besten Blick auf die Bucht von Salò
© Thilo Weimar

Gardasee: Dreimal Italien

Der populärste aller italienischen Seen grenzt an die Regionen Trentino, Lombardei und Venetien, so kann man bei einer Rundreise die lokalen Spezialitäten probieren.

Dass es keine einheitliche Gardaseeküche gibt, macht den Urlaub für Genießer so spannend. Der See grenzt an drei Regionen: Trentino, Lombardei und Venetien. Das sorgt für jede Menge Abwechslung auf den Tischen. 

Deftige Bauernküche

Am trentinischen Nordzipfel des Lago di Garda schätzt man eine deftige Bauernküche: saftige Schmorgerichte mit einer grobkörnigen Polenta, Forellen aus den Bergbächen, und statt Pasta bevorzugt man »canederli« (Knödel) und »strangolapreti« (Spinat-Brot-Gnocchi). Eine weitere Spezialität, die man sich nicht entgehen lassen sollte, ist »carne salada«, ein eingelegtes Rindfleisch, das man entweder roh und dünn aufgeschnitten wie Carpaccio oder gekocht mit weißem Bohnengemüse serviert. Am besten schmeckt die »carne salada« in der Trattoria »Belvedere« in Arco. Das rustikale Gasthaus wird von der Familie Santorum geführt, und zwar seit 1895, als Arco noch unter österreichischer Herrschaft stand.
Relativ neu, aber bereits ein echter ­Insidertipp ist die »Acetaia del Balsamico«. Wie der Name schon verrät, wird hier ­Balsamico-Essig aus Weinen der Region ­hergestellt. Aber nicht nur – auch Käse, ­Olivenöl und Wein kommen aus eigener Produktion. Faszinierend ist der spektakuläre Blick auf Riva und den ­Gardasee, sei es vom Restaurant aus, von den ­schicken ­Appartements oder der Sonnenterasse mit Pool.

Frischer Fisch

Wer Lust auf frischen Fisch aus dem Gardasee hat, für den gibt es in Torbole nur eine Adresse: »La Terrazza«. Wagemutig eröffnete der leidenschaftliche Koch Ivo Morelli vor mehr als 20 Jahren am Hotspot der Surfer und in der Hochburg der Pizzerien ein elegantes Fischrestaurant direkt am Seeufer. Da Morelli aus einer alteingesessenen Fischerfamilie stammt, kommt er nicht nur an die frischesten Fische, er ist auch in Besitz vieler überlieferter traditioneller Rezepte, die er zeitgemäß und äußerst kreativ zubereitet.

Lombardische Spezialitäten

Den größten Anteil am Seeufer hat die Lombardei, sie erstreckt sich von Limone entlang der Westküste bis Salò und weiter der Südküste folgend bis Sirmione. Am West­ufer liebt man es, sonntags mit Familie und Freunden in einer Trattoria einen »lo spiedo« zu verspeisen. Das sind unterschiedlichste Fleischsorten, abwechselnd mit Speck auf einen langen Spieß gesteckt und stundenlang auf offenem Feuer gegrillt. Niemals darf dazu eine Polenta fehlen, die ist in der Lombardei ebenso obligatorisch wie im Trentino. Bagoss, ein lange gereifter Hartkäse aus dem Dorf Bagolino in den lombardischen Bergen, ist die heimische Käsespezialität.
»Stracotto di cavallo« (geschmortes Pferdefleisch), Gerichte aus »rane« (Fröschen) und »lumache« (Schnecken) findet man auf den Speisekarten im Hinterland des Südufers.
Die Lombardei ist die Region am Gardasee mit den besten Trattorien und den meisten Sterne-Restaurants. Eines, das schon allein durch seine grandiose Lage am Seeufer beeindruckt, ist die »Villa Feltrinelli« in Gargnano. Ohne einen Besuch bei Sterne-Koch Stefano Baiocco ist ein kulinarischer Gardasee­urlaub schlicht nicht vorstellbar. Der Spitzenkoch, der bei vielen berühmten Küchenchefs weltweit gearbeitet hat, versteht es wie kaum ein anderer, eine einfache »cucina casalinga« in eine unvergessliche Haute Cuisine zu verwandeln. 

Traditionelles mit modernem Touch

Wer nicht ganz so tief in die Tasche greifen möchte und schmackhafte, kreative italienische Hausmannskost schätzt, der muss in Gardone im »Antico Brolo« einkehren (nahe dem Vittoriale von Gabriele d’Annunzio). Im Sommer ist der hübsche Innenhof der perfekte Platz, um sich Zeit für die modern interpretierten traditionellen Gerichte zu nehmen. Hervorragend ist der Brotkorb mit selbst gebackenen Brotsorten und einem hauchdünnen, krossen Polentafladen. 
Nur wenige Schritte entfernt befindet sich der kleine Laden von Karin Steinbacher, in dem die gebürtige Münchnerin ihre selbst gekochte Orangen- und Zitronenmarmelade verkauft. Extrafein ist auch ihr aromatischer Limoncello aus Zitronen der Riviera dei Limoni.
Salò weiter südlich besitzt prachtvolle Palazzi, eine lange Strandpromenade und elegante Geschäfte zum Shoppen. Wenn man in der Stadt essen möchte, ist neben der seit mehr als 25 Jahren geschätzten »Antica Trattoria alle Rose« das Hotelrestaurant »Benaco« am Lungolago eine gute Empfehlung. Hier gibt’s kreative Gerichte, begleitet von guten Weinen direkt an der breiten Uferpromenade. Außerhalb der Essenszeiten kann man auch nur einen Aperitivo mit »stuzzi­chini« (Häppchen) bestellen. 

Kulinarisches Kleinod

Wer beim Essen einen richtig guten Blick auf die traumhafte Bucht von Salò haben will, fährt ein paar Serpentinen hinauf ins Restaurant »Arcadia«. Die finnische Besitzerin hat mit viel Geschick und Charme ein antikes Kloster in ein zauberhaftes und erstklassiges Hotelresort mit Gourmetrestaurant verwandelt. Auf der von Blumen eingesäumten Terrasse wird regionale und internationale Küche serviert.
Gourmets aus der nahe liegenden Stadt Brescia zieht es nach San Felice ins »La Dispensa«. Vater und Sohn haben es geschafft, ihre kleine Enoteca, die Vater Roberto für seinen Ruhestand plante, dank der Kochkunst seines Sohnes Michele in ein apartes kulinarisches Kleinod zu verwandeln.

Wer das besondere, weil etwas exklusivere Erlebnis sucht, ist im Ristorante »Rolly« in Manerba an der richtigen Adresse, muss aber frühzeitig reservieren. Mit finessenreichen, exquisiten Gerichten verwöhnt der charismatische Patrone Stefano Baldelli seine Gäste, allerdings maximal 25 Personen pro Abend.

Koch-Künstler

Eine kulinarische Neuentdeckung ist das »Moscatello-Muliner« im Hinterland von Sirmione. Koch, Architekt und Kunstmaler Lorenzo Bernardini holte sich in verschiedenen Restaurants zweimal einen Michelin-Stern. Jetzt kocht er einfach nur noch das, was ihm Spaß macht, ohne nach einem Stern zu schielen – und zwischendurch malt er seine Bilder.

Pasta aus dem Fleischwolf

Von Peschiera bis nach Malcesine reicht jener Teil des Ostufers, der zur Region Venetien gehört. Auch dort isst man gerne Polenta, jedoch feinkörnig und cremig. Da es südlich von Verona weitläufige Reisfelder gibt, spielen Risotti eine wichtige Rolle. Und bei der Pasta schwört man auf »bigoli«, das sind etwas dickere Spaghetti, die in vielen Trattorien noch frisch durch den Torchio (eine Art Fleischwolf) gedrückt werden. 

Handgemachte Tortellini

Ein Geheimtipp ist das Städtchen Valeggio sul Mincio. Die handgefertigten zarten Tortellini di Valeggio zergehen tatsächlich auf der Zunge. Die besten gibt es im Ristorante »Alla Borsa«. Auf dem Nachhauseweg kauft man beim Pastificio Remelli noch auf verschiedenste Art gefüllte Tortellini und in der Pasticceria Martini die handgeformte Variante der Tortellini – aus Schokolade. 

Genusstrip nach Verona

Ganz abgesehen davon, dass Verona Schauplatz der berühmtesten Liebesgeschichte der Weltliteratur ist – die »Schöne an der Etsch« ist auch ohne Romeo und Julia einen Besuch wert. Während der Opernfestspiele stehen die Arena und die Piazza Brà im Mittelpunkt – wenige Meter entfernt hat der Zwei-Sterne-Koch Giancarlo Perbellini vor zwei Jahren das Bistro »4 Cuochi« eröffnet. Die unkomplizierten, leckeren Gerichte zu vernünftigen Preisen schaffen eine ausgezeichnete Grundlage für die Arena oder den Stadtbummel. Passionierte Gourmets zieht es zudem an Veronas Stadtrand nach Isola Rizza in Giancarlo Perbellinis Gourmet­restaurant. Die Fahrt dorthin lohnt sich allemal, Perbellini ist ein echter Könner, vor allem bei den Desserts – die Millefoglie sind einzigartig.

An der Ostküste

Die Ostküste des Gardasees entlang schmiegen sich zahlreiche Dörfer, die gefühlte Zahl der Touristenrestaurants und Pizzerien geht in die Tausende. Aber: Gute Fischgerichte bekommt man in Lazise direkt am alten Hafen im »Alla Grotta« oder in der Taverna »Oreste«. Allerdings ist der Service in der Hochsaison manches Mal nicht unbedingt freundlich …

Romantisches Highlight

Der unumstritten schönste Platz am Gardasee ist die Punta San Vigilio. Vorbei an der Villa Guarienti aus dem 16. Jahrhundert führt ein schmaler gepflasterter Weg zur Landzunge mit dem kleinen Hafen und dem Nobelhotel und Restaurant »Locanda San Vigilio«. In einer der wenigen Suiten zu wohnen oder im Restaurantgarten bei Sonnenuntergang zu dinieren ist an Romantik schwer zu überbieten. 
Direkt am Ufer zu speisen gehört nun mal zu einem Gardaseeurlaub. Die Enttäuschung ist oft groß: Die Qualität stimmt nicht – und schon gar nicht der Preis, der dafür verlangt wird. Doch es gibt Ausnahmen: Eine gute klassische Gardasee-Fischküche und feine Kreationen aus Meeresfischen kommen im Ristorante »Alla Fassa« in Brenzone auf den Tisch. Normalerweise sitzt man unter Olivenbäumen oder – bei Regen – im Wintergarten direkt am See. Gäste, die mit dem Boot kommen, haben eine eigene Anlegestelle. Das geht im »Al Corsaro« in Malcesine nicht. Man erreicht das Restaurant nur zu Fuß, selbst das Auto muss man auf einem der öffentlichen Parkplätze abstellen. Doch das modern eingerichtete, ruhig gelegene Restaurant ist ideal für einen unbeschwerten Abend mit ausgezeichneten Fischgerichten. 

Aus Falstaff Magazin Nr. 02/2013

Monika Kellermann
Autor
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Trattoria Belvedere
Die Trattoria für die beste »carne salada« – ob als Carpaccio oder gekocht mit weißen Bohnen;...
Via Serafini 2, 38062 Arco
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