Die Kirche des Winzerdorfs Ligerz mit den Rebbergen im Vorder- und dem See samt St. Petersinsel im Hintergrund.

Die Kirche des Winzerdorfs Ligerz mit den Rebbergen im Vorder- und dem See samt St. Petersinsel im Hintergrund.
© www.swebfoto.ch

Drei-Seen-Land: Weinwandern am Wasser

Wanderland, Winzerland, Uhrenland – das Drei-Seen-Land und der angrenzende Jura kennen viele Übernamen.

Unsere vinophile Reise durch das Drei-Seen-Land starten wir in Biel. Biel ist insbesondere als Uhrenstadt bekannt, schliesslich sind hier Firmen wie Rolex, Omega oder Swatch ansässig. Wer jetzt aber glaubt, dass Biel industriell geprägt ist, irrt. Der mittelalterliche Altstadtkern mit seinen charmanten Gassen und altehrwürdigen Zunfthäusern allein ist schon eine Reise an den Bielersee wert. Wir aber lassen diese vorerst hinter uns und bewegen uns ans nördliche Seeufer.

Unmittelbar vor den Toren der zweisprachigen Stadt beginnt nämlich der sogenannte Rebenweg – ein Wanderpfad entlang des Bielersees bis nach La Neuveville oder Neuenstadt, wie der Ort auf Deutsch heisst. Den ersten obligaten Fotohalt erreichen wir schon nach wenigen hundert Metern. Eine einmalige Perspektive mit der St. Petersinsel als Hauptdarstellerin breitet sich aus. Der tiefblaue Bielersee und die grüne Reblandschaft davor sind von nun an unsere ständigen Begleiter. Der Rebenweg kann übrigens nicht nur von Biel, sondern von fast jedem Winzerdorf mit Bahnhof aus etappenweise begangen werden. Er eignet sich auch für ungeübte Wanderer, denn Steigungen gibt es hier am Seeufer praktisch keine.

Genuss am Bielersee

Die Winzerdörfer am Bielersee gehören zum Schönsten, was die Schweizer Weinlandschaft allgemein zu bieten hat. Wir erforschen die verwinkelten Gassen im heimeligen Twann, und da wir noch genügend Zeit haben, statten wir auch der Twannbachschlucht einen Besuch ab. Der Weg durch die Schlucht mit ihren Wasserfällen und dem erfrischenden Klima könnte auch von der anderen Seite aus Magglingen begangen werden. Eine Wanderung, die wir uns für ein andermal aufsparen.

Weiter entlang des Sees erreichen wir Ligerz. Wir fotografieren die Dorfkirche, das wohl bekannteste Motiv auf dieser Strecke. Zwischen Twann und Ligerz ist der Rebenweg übrigens ein Reblehrpfad, der den Besuchern viel Wissenswertes rund um den Wein und speziell über den Weinbau am Bielersee vermittelt. Orte zur Einkehr gibt es auf diesem Wanderweg mehr als genug. Einerseits sind da die Winzer, die auf besuchende Wanderer vorbereitet sind, aber auch einige gastronomische Trouvaillen sind hier zu finden. Wir entscheiden uns für das «Aux Trois Amis» im Weiler Schernelz bei Ligerz. Auf der grossen Sonnenterrasse geniesst man den herrlichen Ausblick über den See. Auf den Tisch kommt lokale Küche mit einem modernen Twist. Der junge Küchenchef Marc Joshua Engel serviert seine Kreationen aus dem See und von den Feldern in vier bis sieben Gängen.

Gastgeberin und Sommelière Cynthia Lauper sorgt für den richtigen Tropfen im Glas – und die gut sortierte Weinkarte lässt in diesem Punkt wirklich keine Wünsche offen. Alle Spitzenproduzenten der Region sind darauf zu finden. Etwa die Weine des Weinguts Steiner, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Restaurants befindet. Rund eine Stunde dauert unsere Wanderung von Ligerz nach La Neuveville noch. Die sehenswerte Altstadt lädt zum Verweilen ein. Die Seepromenade gehört zu den schönsten am Bielersee.

Neuenburger Weinkultur

Das Drei-Seen-Land war früher Sumpfland. Erst die Juragewässerkorrekturen ab Ende des 18. Jahrhunderts machten die Region flächendeckend bebaubar. Der Landstrich zwischen Bieler-, Murten- und Neuenburgersee wurde zu einem wichtigen Gemüseanbaugebiet. Der Weinbau am Bielersee ist bereits seit dem 9. Jahrhundert nachgewiesen, hat also eine lange Tradition. Neben den Lagen am Nordufer des Bielersees gehören die Weinberge des Mont Vully am Murtensee sowie die am Nordufer des Neuenburgersees zu den önologischen Hotspots des Drei-Seen-Lands.

Wandern lässt sich natürlich an beiden Seen formidabel. Wer sportliche Ambitionen hegt, sollte den 33 Kilometer langen Seeweg am Nordufer des Neuenburgersees unter die Füsse nehmen. Es handelt sich dabei um die Gegend, wo sich bekannte Neuenburger Weingüter wie La Maison Carrée oder die Domaine Chambleau befinden. Diese Wanderung von Marin nach Vaumarcus dauert gute acht Stunden, jedoch ohne nennenswerte Höhenunterschiede. Natürlich können auch nur Teilstrecken begangen werden. Wir entscheiden uns für den Streckenabschnitt von Saint-Aubin nach Boudry, der besonders schöne Blicke über die Rebberge am See zulässt.

Unterwegs allerdings begegnen wir lange nicht nur Rebzeilen. Der gemütliche Marsch führt etwas erhöht über den See den Jurasüdfuss entlang. Zunächst durch besagte Landwirtschaftsflächen, dann auch ein Stück durch den Wald. Und immer wieder öffnet sich der Blick und wir sehen über die Reben auf den glitzernden Neuenburgersee. Am Schluss dann, als wir Richtung Boudry hi­­nunterlaufen, begegnen wir neben prachtvollen Villen auch unzähligen Rebzeilen in sattem Grün, die mit dem Blau des Sees dahinter kontrastieren. Boudry befindet sich in einer Talmulde. Das Schloss des einst befestigten Städtchens beherbergt heute ein Weinmuseum, das nur am Nachmittag besuchbar ist und einen perfekten Abschluss unserer Tour bildet.


Weinwanderwege

Von Biel nach La Neuveville
Das nördliche Ufer des Bielersees wird intensiv durch den Rebbau genutzt. Die Wanderung von Biel nach La Neuveville gibt einen umfassenden Einblick in die Arbeit der Winzer in der Region.
j3l.ch

Seeweg Neuenburgersee
Ein Spaziergang von Strand zu Strand und von Dorf zu Dorf, der am Nordufer des Neuenburgersees durch die Weinbaugebiete führt. Bis zu acht Stunden kann hier gewandert werden.
j3l.ch


Tipps abseits der Wege

Pfahlbauten am Bielersee
Die fünf Pfahlbauer-Siedlungen im Bielerseegebiet sind zwischen 3000 und 7000 Jahren alt. Sie sind heute weitgehend im Wasser versunken, aber dennoch einen Besuch wert.
Tourismus Biel, Bahnhofplatz 12, 2501 Biel
biel-seeland.ch

Papiliorama
Unter mehreren Kuppeln herrscht ein Tropenklima. Tiere, Pflanzen, Insekten und verschiedenste Arten von Schmetterlingen bevölkern das Papiliorama.
Moosmatte 1, 3210 Kerzers
papiliorama.ch


Erschienen in
Falstaff Nr. 04/2020

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Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
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