Tasting vom 07.05.2008
Zusammenfassend könnte man diesen Jahrgang nach der Jungweinprobe so beschreiben: Dank eines modernen Zugangs im Weingarten und im Keller wurde ein Jahr gerettet, das noch vor einem Jahrzehnt mit ziemlicher Sicherheit in einem Fiasko geendet hätte. Ein herrlicher Altweibersommer ab Anfang September hat den Jahrgang gewendet. Diejenigen, die die Geduld und die Nerven aufbrachten, so lange zu warten, bis die Trauben wirklich reif waren, haben jetzt recht gute bis sehr gute Weine im Keller – für die absolute Spitze konnte es einfach nicht reichen. Es gibt speziell am rechten Gironde-Ufer sehr charmante, fruchtbetonte Weine mit einer feinen Tanninstruktur, die in den nächsten zehn bis 15 Jahren mit Freude zu trinken sein werden. Auch am linken Ufer, mit sehr homogenen Serien speziell in St.-Julien und Pauillac, findet man sehr gastronomische Weine, die schon in jungen Jahren antrinkbar sein werden. Ein Vorteil des Jahrgangs ist der vergleichsweise geringe Alkoholgehalt der Weine, der mehrheitlich zwischen echten 12,5 % und 13 % liegen wird. Dadurch, dass die meisten Weine nicht zu opulent oder gar überkonzentriert ausgefallen sind, zeigt sich der Appellationscharakter der Gewächse in diesem Jahrgang sehr deutlich. Es wären eigentlich die idealen Einstiegsweine für jene Weininteressierten, die mit Bordeaux beginnen möchten – wäre da nicht die alte Gretchenfrage nach den Preisen. Mit einer fünf- bis zehnprozentigen Preissenkung gegenüber dem Jahrgang 2006 wird allgemein gerechnet, 15 Prozent wären für den Markt besser. Bei den Topwinzern, die 2007 geringere Mengen bei höheren Kosten erzeugt haben, ist mit einer Preissenkung auf keinen Fall zu rechnen, eher mit einer leichten Steigerung. Und wer kauft? Der schwache US-Dollar lässt die Amerikaner sehr schwach auf 2007 ansprechen, auch England gibt sich zögerlich. Bordeaux träumt nun vom Fernen Osten und Mütterchen Russland. Text von Peter Moser