Die richtige Prise Salz macht aus einfachen Produkten wahre Köstlichkeiten.

Die richtige Prise Salz macht aus einfachen Produkten wahre Köstlichkeiten.
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Weisses Gold: Salz aus den Alpen

Gourmetsalze aus aller Welt erobern seit Jahrzehnten unsere Küchen. Die feinen weissen Flocken gibt es aber auch aus den Schweizer Alpen. Lokal und von Hand produziert.

Die letzte Prise Salz – ein monumentaler Akt. Mit ihr steht und fällt ein Gericht, bugsiert sich der Koch in den Abgrund oder in den Olymp. Zu viel ist immer schwierig, nachsalzen immer möglich. Perfekt eingesetzt ist Salz tatsächlich eine Offenbarung. Es steigert die Intensivität der Aromen und macht aus unseren Lebensmitteln Köstlichkeiten. Schon eine kleine Prise Salz auf etwas so Simplem wie einer Wassermelone eröffnet neue geschmackliche Dimensionen. Salz ist für uns lebenswichtig, nicht nur aus kulinarischer Sicht. Rund ein bis drei Gramm brauchen wir vom weissen Gold täglich, ansonsten liegt unser Stoffwechsel flach. Salz ist aber längst nicht mehr nur einfach Salz in der Grosspackung für zuhause. Salz ist ein eigenes kulinarisches Universum, das von den Tiefen des Ozeans über den Himalaya bis in die Schweizer Alpen reicht. Manch einer schwört auf Meersalz, die andere wiederum auf Salz aus dem Berg. Egal, wo es herkommt, eines hat es immer gemein: Es besteht zu mindestens 95 Prozent aus Natriumchlorid (NaCl) und diversen Mineralien wie Magnesium oder Kalium.

Der Produktionsort des Fleur des Alpes in der Saline Bex. Unter Tage entsteht hier feinstes Alpensalz.
© Sébastien Anex
Der Produktionsort des Fleur des Alpes in der Saline Bex. Unter Tage entsteht hier feinstes Alpensalz.

Vom Berg in die Pfanne

Salz wird in Bergwerken als Steinsalz abgebaut, als Meersalz durch die Verdunstung von Meerwasser oder wie hier in der Schweiz als Siedesalz gewonnen. Um Siedesalz zu gewinnen, wird Quellwasser in die unterirdischen Salzschichten gepumpt, die bis zu 400 Meter tief in der Erde liegen. Das vorhandene Salz löst sich im Wasser und verbindet sich mit ihm zur «Sole», wie man die Salzlösung nennt. Diese wird anschliessend in riesigen Pfannen oder Eindampfanlagen erhitzt, wodurch das Wasser verdampft und die Salzkristalle übrig bleiben. Anschliessend wird das Salz weiter getrocknet und landet dann auf unseren Tellern. Siedesalz macht den Grossteil des hierzulande konsumierten Salzes aus. «Der Vorteil von unserem Siedesalz ist ganz klar seine besondere Reinheit. Bei Steinsalz und auch bei Meersalz können Verunreinigungen enthalten sein», erklärt Marcel Plattner von der Schweizer Salinen AG

Vor allem Meersalz sorgte in den letzten Jahren immer wieder für negative Schlagzeilen – man fand beispielsweise Mikroplastik im unter Gourmets heiss begehrten, handgeschöpften Fleur de Sel. Betrachtet man den Zustand unserer Ozeane, kann es kaum anders sein. Auch unser Siedesalz kommt eigentlich aus dem Ozean. Es entstand vor etwa 230 Millionen Jahren, während der Entstehung der Alpen, als Teile des Meeres eingeschlossen wurden und umgeben von Felsen langsam verdampften. Letzendlich würde man wohl in der ganzen Schweiz Salz im Boden finden. 

Von Hand werden die Flocken des Fleur des Alpes aus dem Wasser geschöpft. Anschliessend trocknet das Salz noch einmal auf Lärchenholz.
© Sébastien Anex
Von Hand werden die Flocken des Fleur des Alpes aus dem Wasser geschöpft. Anschliessend trocknet das Salz noch einmal auf Lärchenholz.

Die Salzblume der Alpen

Bedeutende Vorkommen gibt es aber nur an drei Standorten. Im baslerischen Schweizerhalle, aargauischen Riburg und im waadtländischen Bex. Bex ist wohl auch die bekannteste Saline der Schweiz, vor allem für Gourmets, denn hier wird eine Schweizer Salzspezialität hergestellt, auf die wir später noch kommen. Auf die Salzvorkommen in Bex soll ein gewisser Jean de Bouillet im 16. Jahrhundert gestossen sein. Bouillet beobachtete, dass es Ziegen immer wieder zu derselben Stelle an einem Bach zog. Das Wasser dort war salzig und so ging man dem Ganzen auf den Grund. 1554 wurden die Salzvorkommen in Bex letztendlich im grossen Stil erschlossen. Für die Schweiz ein Glücksfall, denn bis anhin musste man das wichtige Salz aus dem Ausland beziehen. Was heute Bohrmaschinen übernehmen, wurde damals mühsam von Hand erledigt. Mit Hammer und Meissel trieb man Stollen in die Erde, um an verwertbare Salzadern zu gelangen.

Bis heute ist Handwerk ein grosser Bestandteil der Salzgewinnung in der Saline Bex. Vor allem bei der Herstellung des Fleur des Alpes, dem Gourmetsalz aus den Schweizer Alpen, das in seiner Struktur an Fleur de Sel erinnert. Für dieses Salz bemüht man eine Jahrhunderte alte Methode, die fast gänzlich ohne moderne Technik auskommt. Nachdem die Sole für das Fleur des Alpes gewonnen wurde, wird sie in einer Pfanne auf 55 Grad erhitzt. Die Salzkristalle, die sich dabei an der Oberfläche bilden und danach absinken, werden von Hand gesammelt und trocknen anschliessend in einer Anlage aus Lärchenholz – eine Reminiszenz an die Lärchenholzleitungen der Vergangenheit. Spezialitäten wie das Fleur des Alpes sind in der Schweizer Salzlandschaft ein rares Gut und machen von der gesamten Salzproduktion einen verschwindend geringen Anteil von lediglich fünf Prozent aus. Den Unterschied zum normalen Tafelsalz macht vor allem die Beschaffenheit der Kristalle, sie sind zwischen einem und drei Millimetern gross und die Rohsole, die für die Salzspezialität aus Bex verwendet wird. Während bei der Produktion von gängigem Tafelsalz Mineralien wie Magnesium beispielsweise entfernt werden, bleiben bei Verwendung der Rohsole alle Bestandteile, die sich über die Zeit im Salz angesammelt haben, bis hin zum fertigen Produkt erhalten. Ursprünglicher und natürlicher geht es kaum.

Geschmacklich mache beim Gourmetsalz vor allem die Form den Unterschied, erklärt Plattner – also, ob es sich um einen Kubus, Flocken oder Plättchen handelt. Die Plättchen eines Fleur de Sel beispielsweise werden grundsätzlich vom Gaumen milder, das feinkörnige Tafelsalz aggressiver wahrgenommen. Die Kristalle des Fleur des Alpes sind aufgrund der langsamen, schonenden Trocknung unterschiedlich in ihrer Form und schmelzen deshalb auch in unterschiedlichem Tempo auf der Zunge. So entsteht ein komplexes Geschmackserlebnis, das vor allem auch in der hiesigen Spitzengastronomie gesucht ist. Ein Teil der ohnehin schon geringen Produktionsmenge der Salzspezialität landet deshalb auch direkt dort.

Auf die Salzvorkommen in Bex soll ein gewisser Jean de Bouillet im 16. Jahrhundert gestossen sein. Die Salzstollen wurden damals mühsam mit Hammer und Meissel in den Berg getrieben.
© LWA Leistungsfotorafie, Daniele Lupini
Auf die Salzvorkommen in Bex soll ein gewisser Jean de Bouillet im 16. Jahrhundert gestossen sein. Die Salzstollen wurden damals mühsam mit Hammer und Meissel in den Berg getrieben.

Eine für alles

Speziell macht die Schweizer Salzproduktion aber nicht nur das Fleur des Alpes, sondern auch das Hoheitsrecht, das in der Schweiz im Hinblick auf die Salzgewinnung existiert. Dieses Hoheitsrecht, das sogenannte Salzregal, stammt aus dem Mittelalter und liegt bei den Kantonen. 1973 wurde es in einem Konkordatsvertrag der Schweizer Salinen AG übertragen. Diese regelt seitdem alles, was hierzulande mit Salz zu tun hat, von der inländischen Produktion bis hin zum Import. Jährlich produziert das Unternehmen rund 600.000 Tonnen Salz. Dieses landet nicht nur auf unseren Tellern, sondern ist grösstenteils Bestandteil vieler Alltagsprodukte wie Waschmittel oder Glas und sorgt im Winter für freie Strassen. Auch der Trend zum Gourmetsalz aus den Alpen wurde von den Schweizer Salinen begründet. Ein Trend, der vielleicht auch über die Grenzen schwappen könnte.


Erschienen in
Falstaff Nr. 04/2021

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