In Marlborough auf der neuseeländischen Südinsel findet der Sauvignon Blanc die besten Bedingungen vor.

In Marlborough auf der neuseeländischen Südinsel findet der Sauvignon Blanc die besten Bedingungen vor.
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Weine aus Übersee: Die Entdeckung der Neuen Welt

Weine aus Übersee werden in Österreich inzwischen gerne verkostet, trotz eines vielfältigen Angebots werden sie aber öfter gelobt als gekauft – anlässlich des Falstaff Jubiläums blicken wir zurück auf die ersten Entdeckungen.

Das Österreich der Nachkriegsjahre war in Sachen Weininternationalität alles andere als ein Streber. Erst mit wachsender Urlaubsreisetätigkeit – zunächst meist nach Italien – fand auch der einfache Rotwein aus der mit Bast umwickelten »Fiasco-Flasche« aus dem südlichen Nachbarland zunehmend Absatz. Davor war in der Hauptsache auf Basis des »Accordino« von 1949 Wein aus der Region Südtirol-Trentino zollfrei nach Tirol und Vorarlberg eingeführt worden. Der Fachhandel und die Nobelgastronomie präsentierten französische Klassiker wie Beaujolais und Chablis, spätestens bei Rioja war mit der Neugier der heimischen Konsumenten aber auch schon wieder Schluss. Wein aus Übersee, heute eine Selbstverständlichkeit und in jedem Supermarkt zu finden, war in Österreich länger ein unbekanntes Genussmittel als Bananen in der DDR.

»Chardonnitis«

Das Weingut von Robert Mondavi im kalifornischen Napa Valley war für viele österreichische Weininteressierte wohl der Erstkontakt in Sachen Neue Welt – und auch das erste Label, das hier professionell vertrieben wurde. Mit dem Joint Venture »Opus One«, einer Kooperation zwischen Mondavi und Baron Philippe de Rothschild aus Bordeaux, kam dann ab dem Jahr 1984 der bis dato wahrscheinlich am öftesten gekaufte Premium-Rotwein aus Übersee erstmals nach Österreich.

Weine aus den USA erwarben sich über die Jahre sowohl im Fine-Wine-Bereich wie auch im Lebensmittelhandel eine gewisse Prominenz. Anfänglich stand allerdings der Weißwein, speziell die Modesorte Chardonnay mit dem Attribut »butterscotch«, im Vordergrund, erst später verlagerte sich das Augenmerk auf Cabernet Sauvignon und Merlot. 1987 schlugen die Kalifornier mit ihrem Chardonnay in Paris wieder einmal die Burgunder, und um 1989 erreichte die »Chardonnitis« ihren Höhepunkt.

Bei einer von Hardy Rodenstock organisierten und von Falstaff Ende 1989 publizierten Blindverkostung der Sorte (Jahrgang 1986) stammten bereits fünf der zehn Top-Platzierten aus Übersee: Mondavi Reserve auf Rang 4, Merryvale aus Napa Valley auf Platz 6, Cloudy Bay (Chardonnay!) aus Neuseeland auf Platz 7 sowie Padthaway von The Hardy Collection aus Australien und »Au Bon Climat« aus Santa Barbara in den USA auf den Rängen 9 und 10. Romanée-Conti wurde übrigens 44., der einzige Österreicher, Willi Bründlmayer, landete auf Platz 61.

 Anfang 1987 sorgten bei der Gault-Millau-­Wein-Olympiade in Frankreich einmal mehr die »Exoten« für Aufregung, als zunächst Mondavis Chardonnay »Oakville« 1984 die Burgunder und bald darauf der Cabernet Sauvignon 1986 von Santa Rita in Chile die versammelte Weltelite inklusive der 82er aus Bordeaux schlug. 

Die neue Welt tritt auf

Das 1985 gegründete Weingut Cloudy Bay machte sich mit seinem duftintensiven Sauvignon Blanc einen internationalen Namen und wurde zum Role-Model für die neuseeländische Weinindustrie. Aus Australien ist es der Name Penfolds, der an erster Stelle zu nennen ist, die Palette dieses Global Players reicht von Alltagsweinen bis zum Super-Shiraz »Grange«, der in Österreich seit Langem auf eine eingeschworene Anhängerschaft zählen darf.

Mitte der Neunzigerjahre war es das Verdienst der Weinhandelskette Wein & Co, sich besonders der Weine Australiens anzunehmen, eine Dekade später widmete man sich dort dem Thema Südafrika. So lernten die Kunden die Flagship-Sorten kennen – etwa wuchtige Cabernet Sauvignons aus dem Napa Valley, fruchtigen Pinotage vom Kap, den würzigen Malbec aus Argentinien, den Tannat aus Uruguay oder den seidig-schokoladigen Carménère aus Chile – und befanden die Topweine aus Übersee als durchaus löblich.

Am Ende des Tages aber schenkte man sich dennoch lieber einen Sauvignon Blanc aus der Steiermark oder einen stoffigen Blaufränkisch ein – und das auch nur, wenn gerade kein Grüner Veltliner oder Zweigelt zur Hand war. Flexibilität ist die Sache der heimischen Weingenießer nachweislich nicht. Nur die Einführung des Schraubverschlusses – die in Übersee ihren Anfang nahm – fand man auch hier mehrheitlich gut, denn damit gehen die Flaschen einfacher und schneller auf.

Trotz aller Versuche im Handel muss man den österreichischen Weinkonsumenten konzedieren: Man ist interessiert, Neues zu verkosten und kennenzulernen, es eventuell sogar zu loben, aber das war es dann auch schon wieder. Damit korrespondieren auch die Zahlen, die Auskunft über den Weinkonsum von Herrn und Frau Österreicher geben: In der Gastronomie ist der Anteil des österreichischen Weins in den letzten fünfzehn Jahren von 83 auf 91 Prozent gestiegen – zulasten des Imports, der lediglich im Bereich des Billigschankweins angestiegen ist. Im Jahr 2019 wurden nur 9,3 Prozent der in Österreich konsumierten Weine importiert, den Löwenanteil dabei stellte Italien. Beim eingeführten Weißwein kommen 84 Prozent aus bella Italia, bei den Rotweinen 80 Prozent. Aus sämtlichen Übersee-Anbauländern sind es bei Weißwein 3,3 Prozent, bei Rotwein 5,9 Prozent – was seit 2012 ein Mengenminus von einem Drittel bedeutet. Kurz gesagt: Auch die besten Tropfen aus der Neuen Welt haben’s bei uns schwer.

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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