Südtirols Schräglagen
Südtirols junge Winzer holen aus steilen Hängen das Beste aus den Trauben heraus und zeigen dabei Mut zum Unkonventionellen. Die Resultate überzeugen.
Die Südtiroler sind bekannt für ihre Bodenständigkeit und Geradlinigkeit. So sind auch ihre Weine: sauber, klar, technisch brilliant, immer zuverlässig – eine sichere Bank also. Manchmal fehlt eine gewisse Portion Verrücktheit, die oft das Salz in der Suppe ausmacht.
Mit dem Aus-der-Norm-Springen, dem Freigeistigen tun sich die Südtiroler immer etwas schwer. Oder: taten. Denn im Land ist eine neue Generation von Winzern herangewachsen, die unbekannte Wege beschreitet. Naturweine, Weißweine mit Maischevergärung, Ausbau in Amphoren spielen da genauso eine Rolle wie Piwi (pilzresistente Sorten), Spontangärung oder Verarbeitung ohne Schwefelzusatz. Nach Lust und Laune wird da experimentiert, werden Grenzen ausgelotet und mit Gleichgesinnten diskutiert. Das ist neu, das ist erfrischend. Neu ist auch, dass viele Winzer auf die Ursprungsbezeichnung »Südtirol« verzichten. Nicht, weil sie nicht zu Südtirol stehen würden, erklären sie. Ihre Weine hätten nur in den Verkostungskommissionen der Prüfstellen, wo auf Typizität und technische Korrektheit geachtet wird, einfach keine Chance.
Nicht alles, was entsteht ist grandios, manches ist auch schwer verständlich oder einfach nur schräg. Ohne Frage sind diese jungen Wilden aber eine Bereicherung für das Weinland Südtirol und machen es um einige Facetten reicher. Das sorgt für Neugier.
Aus dem Falstaff Magazin Nr. 02/2017.