In der Engadiner Bergwelt, oberhalb von Guarda, zeigt sich der Winter von seiner schönsten – und erholsamsten – Seite. Gleichzeitig treibt eine Schneeschuhwanderung den Puls nach oben.

In der Engadiner Bergwelt, oberhalb von Guarda, zeigt sich der Winter von seiner schönsten – und erholsamsten – Seite. Gleichzeitig treibt eine Schneeschuhwanderung den Puls nach oben.
© Tourismus Engadin Samnaun Val Müstair / Andrea Badrutt

Schweiz: Weite Winter-Welten

Auch wenn das Pistenangebot reichhaltig und die Langlaufloipen fein präpariert sind: Es gibt auch in den Skimetropolen der Schweiz Alternativen zu Carvingschwung und Skatingschritt.

Zu Fuss, mit Schneeschuhen, auf Langlauf- oder Tourenskiern, mit dem Pferdeschlitten: Es gibt viele Möglichkeiten, sich durch tief verschneite Wälder zu bewegen. Mit Eislaufschuhen gehört dagegen aus Mangel an entsprechend befahrbaren Trassen zu den eher ungewöhnlicheren Varianten.

Im Kanton Graubünden füllt man diese Lücke und konterkariert die Annahme, dass es fürs «Überlandschlittschuhlaufen» einen zugefrorenen Bach, Fluss, Kanal oder See braucht. So wurde im Unterengadin bei Sent ein drei Kilometer langer Natureisweg angelegt, der durch Wälder und über Wiesen durch ein idyllisches Winterwunderland führt. Dieses Erlebnis ist mit Stirnlampe auch nachts möglich. Ein ähnliches Angebot wartet etwas weiter westlich in der Aulandschaft von Madulain bei Zernez, kurz vor Brail. Orte, die wenige kennen, aber lohnenswerte Ziele sind, um beispielsweise im stylishen «Vivanda» im «Hotel Cadonau» am Chef’s Table im Steingewölbe mit Blick in den Rotweinkeller Platz nehmen zu können.

Sankt Moritz, der mondäne Hauptort dieser Region, liegt nur fünfzehn Autominuten entfernt. 350 Kilometer Piste und 230 Kilometer Langlaufloipen verteilen sich hier grosszügig in der Landschaft. Für Schneesicherheit sorgt die Höhenlage zwischen 1800 und 3000 Metern, für Erholung die kristallklare Luft und der Blick über das Oberengadiner Seenplateau sowie für Abwechslung das dichte Netz an gut markierten und präparierten Spazier- und Schneeschuhwanderrouten.

So lässt es sich auf «Muottas Muragl» leicht auf Ski verzichten, wenn man mit weitem Blick über das Tal und auf die Bernina-Gruppe mit Schneeschuhen durch den Schnee stapft und sich am Ende mit «Mountain Dining» im Panoramarestaurant belohnt. Oder als Passagier mit einem Gleitschirmflug hinunter ins Tal zum Bootshaus direkt am See. Winterwanderer kommen unter anderem auf der Route von Corviglia/Marguns über die Alp Laret nach Celerina voll auf ihre Kosten, oder sie wählen den Weg von Chantarella über verschneite Wege und durch den Tunnel unter der WM-Piste hindurch zum «paradiso» mit seinen Panoramaterrassen und einer alpinen Lifestyleküche.

Kochkunst im Nobelskiort

Kulinarisch spielt der traditionsreiche Wintersportort ohnehin ganz oben mit. So verwöhnt Rolf Fliegauf im mehrfach ausgezeichneten «Ecco» mit aussergewöhnlicher Aromaküche im exklusiven Rahmen des «Giardino Mountain Hotels», im «Kulm Hotel» verzaubert Mauro Colagreco im «the k» mit seiner facettenreichen, ausbalancierten und jedenfalls extravaganten Küchenphilosophie. Beispiel? Mit Salz verkrustete Randen mit Oscietre-Kaviarcreme.

Ebenso «outstanding»: Das «Da Vittorio», das seit zehn Jahren im «Carlton Hotel» einen von weltweit sechs Standorten betreibt und wo Paolo Rota mit herausragender Kreativität und höchstem Können die Gäste verzaubert. Edler Rahmen in geschichtsträchtigem Haus, umgeben von einem Schneeschuhwanderparadies: Das gibt es auch im nahen Pontresina, wo das «Kronenstübli» im «Hotel Kronenhof» nur eine von mehreren Möglichkeiten ist, die Qualitäten der Küche zu testen.

Pittoreske Genussmomente

Auch weiter im Westen, im Kanton Uri, treffen sich Gourmetküche und Gebirgskulisse auf höchstem Niveau – nicht nur was die Seehöhe betrifft. Auf 2340 Metern schmiegt sich das «Gütsch» an die Gipfelspitzen. Bei fast endlosem Blick über das gut 900 Meter tiefer liegende Andermatt und die Zentralalpen kann Markus Neffs «Zwischen Berg und Tal»-Küche genossen werden; eine Küche, die sich durch elegante, kreative und dennoch klare Sprache auszeichnet. Ins Tal zurück führt ab Nätschen eine sieben Kilometer lange familientaugliche Rodelstrecke entlang der Serpentinenstrasse.

Wer inmitten der Westalpen Sehnsucht nach Asien hat, kann diese an der Sushi- und Sashimi-Bar und bei bis zu zehngängigen Kaiseki-Menüs im «The Japanese» im Hotel «The Chedi» in Andermatt stillen. Draussen holt einen die montane Kulisse ohnehin gleich wieder zurück. Umgeben von acht Alpenpässen lässt sich auch hier die Gebirgswelt abseits der Pisten mit Wander- und Schneeschuhen erobern. Dennoch mussten sich die Gipfel, Seen und Almen hier im vergangenen Jahr hintanstellen, denn den Titel «Landschaft des Jahres» räumte 2021 Chäserrugg/Toggenburg ab.

Das kleine Ski- und Wandergebiet im Kanton St. Gallen an der Grenze zu Liechtenstein überzeugte durch seinen sanften Tourismus, seine ressourcenschonende Baukultur und nicht zuletzt genussreiche Gastronomie, die lokale Produkte aus dem Toggenburg im Fokus hat. Probieren kann man das praktisch rund um die Uhr – vom Sonnenaufgang bei einem Bergfrühstück mit Blick auf über 500 Gipfel bis zum erlesenen Vollmond-Dinner im «Gipfelrestaurant» der Toggenburger Bergbahnen auf 2262 Meter Seehöhe.


Tipps & Adessen

Kulinarik

Ecco im Giardino Mountain
Rolf Fliegauf hat das «Ecco» zu einer der besten Gourmetadressen der Region gemacht. Serviert wird ein Feuerwerk aus seiner virtuosen Aromenküche.
Via Maistra 3, 7512 Champfèr-St. Moritz
T: +41 81 8366300
giardinohotels.ch

Da Vittorio im Carlton Hotel
Das Beste von Weide, Wald und Meer: Weltberühmt für die hochklassige und dennoch herzhafte, sehr italienische Gourmetküche.
Via Johannes Badrutt 11, 7500 St. Moritz
T: +41 81 8367000
carlton-stmoritz.ch

Igniv im Badrutt’s Palace Hotel
Das 1896 eröffnete «Badrutt’s Palace» ist eine Ikone der Schweizer Hotellerie. Küchenchef Andreas Caminada und Timo Fritsche verwöhnen die Gäste auf ausgezeichnetem Niveau.
Via Serlas 27, 7500 St. Moritz
T: +41 81 8371000
igniv.com

Balthazar Downtown
Wenn sich ein Japaner und ein Italiener in der Küche zusammenspannen, entsteht Aufregendes rund um Fisch und Meeresfrüchte.
Via Dal Bagn 20, 7500 St. Moritz
T: +41 81 8341010
balthazar-stmoritz.ch

The Japanese by the Chedi
Dietmar Sawyere und sein Team kreieren erstklassige, authentische japanische Speisen. Für ein Gourmet-Erlebnis der Extraklasse sorgen die mehrgängigen Kaiseki-Menüs.
Gotthardstrasse 4, 6490 Andermatt
T: +41 41 8887488
thechediandermatt.ch

Gütsch by Markus Neff
Bei fast endlosem Blick über die Zentralalpen kann Markus Neffs kreative, aber dennoch
klare Linie verfolgende «Zwischen Berg und Tal»- Küche genossen werden.
Gotthardstrasse 53, 6490 Andermatt
T: +41 58 2006907
guetsch.com

The Restaurant
In vier offenen Atelierküchen wird von asiatischen und europäischen Einflüssen geprägte Kulinarik unmittelbar erlebbar gemacht. Grandioses Käseangebot.
Gotthardstrasse 4, 6490 Andermatt
T: +41 41 8887966
thechediandermatt.com

Vivanda
Moderne, elegante Gourmetküche von Chef Dario Cadonau mit beeindruckendem Blick auf den Nationalpark. Den Wein kann man im Gewölbekeller selbst auswählen.
Crusch Plantaun 217, 7527 Brail
T: +41 81 8512000
inlain.ch

Chesa Stüva Colani
Paolo Casanova serviert im alten Engadinerhaus «Stüva Colani» eine Küche, die sich von den Jahreszeiten leiten lässt. Fest in der italienischen Tradition verankert.
Via Principela 20A, 7523 Madulain
T: +41 76 6067216
hotelchesacolani.com

Aktivitäten

Schlittenfahren
«Schlitteln» heisst das Rodeln auf Schwyzerdütsch. Am Chäserrugg wartet eine knapp sechs Kilometer lange Strecke.
chaeserrugg.ch

Bobfahren
Nichts für schwache Nerven: Einmal als Passagier in einem Bob durch die wilden Kurven und Kreisel der Olympiabobbahn von Sankt Moritz.
olympia-bobrun.ch

Eislaufen
Auf Eiswegen durch die Winterwälder zu gleiten, ist ein Wintererlebnis, mit dem sich das Engadin von anderen Destinationen abhebt.
eisweg-engadin.ch


Erschienen in
Falstaff Nr. 10/2022

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Klaus Höfler
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