Ruinart-Kellermeister Frédéric Panaiotis

Ruinart-Kellermeister Frédéric Panaiotis
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Ruinart-Chef de Caves im Gespräch

Frédéric Panaiotis präsentierte den neuen Dom Ruinart 2007 und sprach mit Falstaff über 300 Jahre Ruinart, Raritäten und warum man immer ein Säbel dabei haben sollte.

Maison Ruinart ist mit seiner Gründung im Jahre 1729 das erste und somit älteste Champagnerhaus in der Geschichte. Seither kreiert Ruinart ausgezeichnete Champagner, die vor allem auf Chardonnay basieren. Nun präsentierte das Traditionshaus exklusiv den neuen Dom Ruinart 2007, der bereits Anfang nächstes Jahr in der Schweiz erhältlich sein wird. Der renommierte Kellermeister Frédéric Panaiotis, der bereits seit 2007 im Haus Ruinart ist, stellte den Jahrgang persönlich vor: Degustiert wurde der Champagner im Zuge eines Dinners im «Hotel Villa Principe Leopoldo» in Lugano. Das Wine-Food Pairing wurde von Executive Chef Dario Ranza und Sommelier Gabriele Speziale zusammen gestellt.
Zum ersten Gang wurde ein «R» de Ruinart serviert, für den zweiten Gang wechselte man zu einem Ruinart Blanc de Blanc, der im Jahr 2015 abgefüllt wurde. Nach Frédéric Panaiotis schmeckt der Champagner nach Zitrusfrüchten – insbesondere Zitrone und wirkt dadurch sehr erfrischend. Zum dritten Gang, einem Hummer in Sesam Mohn-Kruste, wurde der Dom Ruinart 2007 erstmals verkostet. Nach Panaiotis hat der Jahrgang neben den erfischenden Noten auch einen Hauch von Pistazie. Danach wurde ein Dom Ruinart Rosé 2004 verkostet sowie ein Ruinart Rosé Non-Vintage. Zum Dessert präsentierte Sommelier-Weltmeister 2013 Paolo Bassi einen Chateau d'Yquem 2009 aus dem Bordeaux.

Die «Villa Principe Leopoldo» in Lugano
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Die «Villa Principe Leopoldo» in Lugano

Zur Präsentation des neuen Dom Ruinart hat Falstaff Frédéric Panaiotis zum Interview getroffen. Nach mehr als zwölf Jahren als Winzer bei Veuve Clicquot, bot sich ihm die einzigartige Gelegenheit, Ruinart zu vertreten. Im Gespräch verrät er wie er zu seiner grossen Wein-Leidenschaft gekommen ist und das es anfangs gar kein Champagner war, der ihn auf diesen Weg brachte.

Falstaff: 2007 wurden Sie Kellermeister bei Ruinart. Der neue Dom Ruinart 2007 war also ihr erster Jahrgang, bei dem Sie von der Ernte bis zur Präsentation beteiligt waren. Hat der Jahrgang dadurch eine besondere Bedeutung für Sie?
Frédéric Panaiotis: Ja, aber zu einem gutem Jahrgang gehört immer mehr, als nur eine Person – es geht immer um Teamarbeit: Es ist also entweder ein Teamerfolg oder ein Teamversagen. Ich hoffe aber natürlich, dass der Jahrgang ein Erfolg wird.
Die Präsentation des neuen Dom Ruinart 2007 ist auch keine Revolution. Wenn man in einem Champagnerhaus beginnt, muss man zuerst vor allem den Stil des Hauses verstehen. Man kreiert nicht einfach einen neuen Stil, man muss ihn replizieren. Natürlich bringt man neue Ideen ein, aber das braucht Zeit. Ich glaube wir haben bereits einiges verändert – Ruinart wird sich in Zukunft mit einem etwas anderem Profil präsentieren: Ein bisschen akzentuierter und tiefer. Dafür brauchte ich allerdings drei Jahre. Im ersten Jahr ist kaum ein Unterschied zu sehen, beziehungsweise zu schmecken. Aber das wichtigste ist, dass es immer der Verdienst des gesamten Teams ist – mein Name ist immerhin auch nicht auf der Flasche zu finden.
Was ist das Besondere an dem neuen Jahrgang Blanc de Blanc Dom Ruinart 2007?
Wenn man das Glas vor sich hat, versteht man es. Ich denke aber, das Einzigartige des Dom Ruinart 2007 ist, dass es kein einfaches Jahr war, global gesehen. Aber es war ein exzellentes Jahr für Chardonnay. Interessant ist der Jahrgang aber vor allem wegen der frühen Ernte im August. Nach 2003, war das bereits das zweite Jahr mit einer so frühen Ernte. Nun hatten wir bereits 2011, 2017 und 2018 August-Ernten. Das ist eindeutig das Ergebnis globaler Erwärmung: Insgesamt fünfmal in 15 Jahren – in der gesamten Champagner-Geschichte kam das zuvor nur einmal vor – einmal in 200 Jahren. Der Dom Ruinart 2007 gibt uns also einen kleinen Vorgeschmack, wie die Zukunft aussehen könnte, wie die Trauben sein werden und wie sich die Balance des Weins verändern wird. In der nahen Zukunft könnte man also sagen, dass der Klimawandel für den Weinbau in der Champagne eine gute Sache ist, in weiterer Zukunft muss diese Veränderung allerdings mit Besorgnis betrachtet werden. Im Moment können wir öfter und vor allem mehr Jahrgangschampagner produzieren, wir beobachten auch eine bessere Reifung. Es gibt praktisch keine Jahre mehr, wie in der Vergangenheit, in denen wir mit Reifungsproblemen zu kämpfen hatten. In zwanzig, dreissig Jahren werden wir allerdings Trauben ernten, die viel zu reif sind. In diesem Zusammenhang müssen wir natürlich überlegen, wie wir den Stil des Hauses weiterhin beibehalten können, auch wenn das wahrscheinlich eher die nächste Generation betreffen wird.
Wie viele Flaschen des Dom Ruinart 2007 wurden abgefüllt und wie viele Flaschen wurden für die Zukunft beiseite gestellt?
Genaue Zahlen nennen wir leider keine. Was allerdings viel interessanter ist, sind die Prozentzahlen: Von der Gesamtproduktion im Jahr 2007 wurden nur zwei Prozent für den Dom Ruinart verwendet ­– das ist eine sehr strenge Auswahl der besten Trauben. Im Vergleich zum Blanc de Blanc werden für den Dom Ruinart ausschliesslich Trauben von Grand Cru Gebieten verwendet – also nur von den Top-Weinbergen der Champagne. Ich sage immer, es ist sehr einfach einen guten Dom Ruinart herzustellen. Schwieriger ist es bei Non-Vintage Champagner, da wir diese jedes Jahr produzieren müssen. Wenn das Jahr gut ist, wie dieses Jahr, ist das sehr einfach, wenn das Jahr allerdings nicht so gut war, müssen wir dennoch dieselbe Qualität produzieren – und das ist die Herausforderung.

Ruinart-Kellermeister Frédéric Panaoitos
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Ruinart-Kellermeister Frédéric Panaoitos

Im Film «In a bottle» öffnen Sie eine Flasche Dom Ruinart 1969, wovon nur noch 18 Flaschen im Weinkeller übrig sind. Was ist das für ein Gefühl?
Zu dem Film gibt es eine Geschichte mit einem kleinen Detail, das kaum jemanden auffällt. Wir haben gerade angefangen die Szene für den Film zu drehen, als ich den Dom Ruinart 1969 öffnen wollte. Solche Raritäten sind oft alt und korken manchmal. Jedenfalls ist beim Öffnen der Flasche der Korken abgebrochen und ein Teil blieb in der Flasche stecken. Der Filmregisseur sagte, ich solle einfach noch eine Flasche öffnen. Da sagte ich, «Jason, es gab insgesamt nur noch 18 Flaschen, jetzt sind es 17. Ich werde garantiert keine neue öffnen». Solche Jahrgänge sind nun einmal sehr selten und sie spiegeln zum Teil die Geschichte des Chamapgnerhauses wider. Ich bin also los gefahren, um ein Champagnersäbel zu kaufen, da ich leider keinen dabei hatte. Am nächsten Morgen kam die Filmcrew zurück und war drehten die Szene erneut – nur, dass ich die Flasche diesmal sabrierte. Kennt man die Geschichte nicht, fällt es kaum auf, dass an der Flasche bereits der Korken fehlt.
Was sind die ältesten Flaschen, die Sie im Keller aufbewahren?
In unserem Keller haben wir eine Flasche, von der ich nicht genau sagen kann, ob sie aus dem Jahr 1943 oder 1942 ist ­– man kann das Etikett nicht mehr entziffern, da die Schrift kaum noch vorhanden ist. Das ist die älteste Flasche, die wir haben – zumindest aus unserem eigenen Keller. Vor beinahe vier Jahren, bekam ich einen Anruf von jemanden mit der Nachricht, dass er Ruinart-Flaschen von 1929 von seinem Grossvater im Keller hat. Er fragte, ob ich Interesse daran hätte, die Flaschen zu kaufen. Also bin ich hingefahren, um sie zu überprüfen. Es gab 20 Flaschen, von denen acht oder zehn in gutem Zustand zu sein schienen. Das sind wohl unsere ältesten Flaschen.
Haben Sie bereits eine Flasche davon verkostet?
Nein – ich warte noch elf Jahre bis 2029. In diesem Jahr feiern wir 300-jähriges Jubiläum und was würde hier besser passen, als mit einem 100 Jahre alten Ruinart-Champagner anzustossen? Dafür lohnt es sich zu warten.
Gibt es bereits spezielle Pläne, beispielsweise die Kreation eines besonderen Champagners, für das 300-jährige Bestehen?
Natürlich – er ist bereits im Keller. Ich habe angefangen zu planen, als ich angekommen bin. Die erste Frage die ich mir bei Ruinart stellte, war: Was sollen wir für das 300. Jubiläum machen? Für einen besonderen Moment wie diesen, muss einfach alles stimmig sein und miteinander in Einklang stehen. Man muss die Geschichte des Hauses betrachten, woher wir kommen, wofür wir stehen. Soll es ein Vintage, oder Non-Vintage Champagner sein? Wie wird die Basis? Als nächstes musste ich das Team davon überzeugen, dass wir bereits jetzt anfangen müssen zu planen. 15 Jahre –  natürlich stresste sich damals niemand. Wenn man allerdings eine spezielle Flasche oder eine spezielle Form planen möchte, muss man rechtzeitig damit beginnen. Und so füllten wir vergangenes Jahr im Frühjahr die Flaschen ab.
Wir werden zudem das erste Champagnerhaus sein, das ein so grosses Jubiläum feiert. Im selben Jahr feiert zudem Bollinger sein 250-jähriges Bestehen. Ich denke, dass wir vielleicht etwas zusammen planen werden, jedenfalls werden wir nicht miteinander konkurrieren. Am Ende ist es immer besser, gemeinsame Wege zu gehen.   

Sie haben entschieden, dass es keinen Dom Ruinart 2008 geben wird?
Nein – es wird keinen 2008er geben, das war eine Team-Entscheidung. Vor zwanzig, dreissig Jahren produzierten wir innerhalb von zehn Jahren vielleicht drei oder vier Jahre keinen Jahrgangschampagner. Heute machen wir in zehn Jahren meist acht oder sogar neun Jahrgänge. Dadurch können wir freier wählen, ich muss nicht jedes Jahr einen Jahrgang herstellen. Früher hatten wir diesen Luxus nicht. Wie beispielsweise in den 70er Jahren – 1972 und 1974 konnte kein Jahrgang produziert werden sowie 1977. In den 60er Jahren konnte man 1963, 1965, 1967 und 1968 keinen Jahrgang herstellen, in den 50ern, gab es keinen 50er-, 51er-, 52er-, 54er-, 56er-, 57er- und 58er-Jahrgang. Heute ist es das genaue Gegenteil – wir produzieren beinahe jedes Jahr einen Jahrgang. Einerseits ist dieser Umstand durch die globale Erwärmung begründet, zum anderen haben wir aber auch eine bessere Landwirtschaft und Weinbereitung. Früher schien jedes Jahr wie ein Experiment – heute haben wir mehr Kontrolle und wir haben mehr Wissen. Dennoch geht es bei der Weinherstellung nach wie vor immer um Handwerk. Wir arbeiten mit unseren Händen und unserer Nase. Wir können allerdings zusätzlich moderne Tools einsetzen, wie beispielsweise bei unseren Verkostungen: Wir verwenden iPads mit eigenen Programmen für die Degustation und für Verkostungsnotizen. Das macht natürlich vieles einfacher, auch wenn wir immer noch unsere Nase, unsere Hände und unser Gehirn einsetzten.
Sie sind in der Champagne aufgewachsen und Ihre Großeltern besassen eigene Weinberge. Wie sehr wurden Sie dadurch geprägt beziehungsweise wollten Sie schon immer ins Weingeschäft?
Wahrscheinlich. Allerdings war das nicht mein Plan, es war nie mein Plan – bis ich 21 Jahre alt wurde: Es war Weihnachten 1985 und ich hatte ein wunderbares Glas Wein Richebourg aus Burgund Jahrgang 1976. Und ich sehe den Wein noch vor mir – 33 Jahre und er ist immer noch in meinen Gedanken. Wir sagen oft, es gibt genau einen Wein, der uns in die Weinbranche verschlagen hat – einen «Wow-Wein». Und das war mein «Wow-Wein». Ich erinnere mich an alles – das Glas, meinen Onkel, der den Wein aus dem Keller holte und ihn mir zeigte, die Farbe, den Geschmack. Ich war wie weggeblasen.

Rafaela Mörzinger
Redaktions- und Portalmanagerin Falstaff Schweiz
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