Restaurant der Woche: «Restaurant du Cerf»

Der «Cerf» in Cossonay ist ein Epizentrum der Schweizer Gastronomie und zweifellos eine der wichtigsten kulinarischen Adressen im Land. Die Reise hierher lohnt sich allein schon wegen der lauschigen, weitgehend intakten historischen Altstadt im Waadtländer Juravorland. Seit über dreissig Jahren kocht hier der aus Kampanien stammende Carlo Crisci.

Sein Stil balanciert zwischen Klassik, Terroirküche und einigen avantgardistischen Elementen. Immer wieder sucht er die Aromen heimischer Gewächse: Die à la plancha gegarte Perlhuhnbrust lässt einen subtilen Tannenspitzenduft durchscheinen, die sehr empfehlenswerten Froschschenkel sind mit einem Hauch von Huflattich parfümiert. Bei der krossen Rotbarbe – Crisci meistert diesen schwierig zu handhabenden Fisch souverän – bringt Nelkenwurz das gewisse Etwas ein. Die Crevetten kombiniert Crisci mit Gundermann; sein charakteristisches Aroma lässt er besonders gerne in die Rezepte einfliessen.

Trotzdem ist er aber alles andere als ein rustikaler Kräuterkoch. Seine Grundhaltung darf als klassisch-französisch bezeichnet werden. Jedes Gericht, das bei ihm auf den Teller kommt, ist durchdacht, akkurat konzipiert und tadellos ausgeführt. Auf eine optisch austarierte Präsentation legt Crisci, der einmal mit einer Karriere als Grafiker geliebäugelt hatte, besonderen Wert. Wer hier vom Tisch geht, ist nie überessen, denn Crisci achtet besonders auf Leichtigkeit und Bekömmlichkeit. Oft zieht er einen subtilen, fernöstlich inspirierten Sud einer schweren Sauce vor; Olivenöl scheint ihm ohnehin in den Genen zu liegen. Da liegt sogar eine kleine Sünde zum Abschluss drin, denn vor den Schokoladefriandises schmilzt zwangsläufig jeder Widerstand dahin. 

BEWERTUNG
Essen 47 von 50
Service 20 von 20
Weinkarte 20 von 20
Ambiente 8 von 10
GESAMT 95 von 100

«Restaurant du Cerf»
Rue du Temple 10
1304 Cossonay-Ville
T: +41 21 8612608
www.lecerf-carlocrisci.ch

Von Hans Theo Stamp
Aus Falstaff Schweiz 09/2015