Hotelpaläste wie das «Beau Rivage» baut heute niemand mehr. Das wäre schlicht und einfach nicht finanzierbar. Umso dankbarer sind wir jenen Idealisten, welche die Prachtexemplare hegen und pflegen, die sich in die Gegenwart retten konnten. Hier ist das «Beau Rivage» ein Sonderfall: Als einziges Genfer Grandhotel ist es seit seinem Baujahr 1865 in den Händen der Gründerfamilie.
Neben der phänomenalen Bausubstanz spielt die Gastronomie im «Beau Rivage» eine entscheidende Rolle. Kulinarische Aushängeschilder sind das Restaurant «Le Chat-Botté» und sein Chef Dominique Gauthier, dessen Küche von allen wesentlichen Kommentatoren unter die besten zwanzig des Landes gereiht wird.

Zu Recht, finden wir nach einem Besuch an einem lauschigen Spätsommerabend. Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit wird noch auf der geschützten Terrasse serviert. Für «Chat-Botté»-Neulinge bietet sich das «Menu découverte» an, ein repräsentativer Streifzug durch die Karte.

In Erinnerung geblieben sind uns eine hervorragende Dombes-Canette mit Kirschenaromen samt einer Rübe, die nicht nur wegen ihres Terroir-Gütesiegels überzeugte. Oder der Bretagne-Hummer, eingebettet in zwei hauchzarte Canelloni aus Spinatsprossen und Ricotta, eine aromatisch ausgeklügelte Assemblage weit jenseits des Alltäglichen.

Oder der experimentierfreudig arrangierte schottische Lachs, den Gauthier mit einer Scheibe von schwarzem Rettich, Mousseron (Knoblauchschwindling) und Reisessig kontrastieren lässt. Oder bei den Desserts der Pfirsich, der von einem igelartig drapierten Meringue-Kunstwerk begleitet wird.

Und nicht zuletzt der Chef selber, der Gästen viel Zeit widmet, mit Interesse Feedbacks entgegennimmt und eine sympathische Bescheidenheit ausstrahlt.