© Stefan Schaufelberger

Next Generation: Stephan Herter

Nach vielen Jahren im Weinhandel verwirklichte sich Stephan Herter 2012 den Traum vom eigenen Weingut. Der bärtige Winzer mag es zwar musikalisch laut, hat aber dennoch ein feines Gespür für die Natur und für seine Reben.

Stephan Herter ist ein Macher. Einer, der so schnell nicht aufgibt. Als er im Jahr 2012 die ersten Reben am von Kalkformationen geprägten Taggenberg in Winterthur übernahm, stellte er sofort auf naturnahen Anbau um, radikal. «Eine andere Option als die Reben ohne Gift – Dünger und Pflanzenschutz – zu pflegen, gab es für mich nie», sagt der gelernte Koch aus tiefer Überzeugung. Das Kürzen der Dauerbegrünung übernimmt in Herters Reben eine kleine Herde von Heidschnucken-Schafen, mit Unterstützung einer Sense und eines Mähers im Sommer; und der Keller, der ist eigentlich nicht der Rede wert. Herter ist ein Verfechter des kontrollierten Nichtstuns, die Vinifikation und der Ausbau erfolgen handwerklich-zurückhaltend. Sogar geschwefelt wird nur wenn nötig.

Der Zürcher Illustrator Michel Cassaramona gestaltet die Etiketten für Herter Weine.
Foto beigestellt
Der Zürcher Illustrator Michel Cassaramona gestaltet die Etiketten für Herter Weine.

Von Anfang an achtete Stephan Herter bei seinen Produkten auf jedes Detail, was weit über den An- und Ausbau der Weine hinausgeht. Diese tragen Namen wie Rufus, Ferdinand, Strix und Grimbart und jedes Etikett ziert das zugehörige Fabelwesen. Ein eigenständiges, kultiges Konzept, das dank der Arbeit des Zürcher Illustrators Michel Cassaramona irgendwie auch alternativ-rockig anmutet. Passend zu Stephan Herters Musik- und Kleidungsgeschmack.
Der Start von HerterWein war wahrlich vielversprechend, die Weine wurden gefeiert – zuerst in ihrer Heimat Winterthur, dann in der Region und bald in der ganzen Schweiz. Listungen bei renommierten Händlern und in Karten angesagter Restaurants folgten, nur Herter selber war höchstens vorsichtig optimistisch:  Die ersten Jahre der Umstellung, wenn die Reben erstmal aufatmen, seien erfahrungsgemäss einfacher, schwierig werde es erst später, sagte er damals. Dass die Hauptschwierigkeiten nichts mit dem Anbau zu tun hatten, das ahnte allerdings niemand.

Stephan Herter ist gelernter Koch und arbeitete viele Jahre im Weinhandel bevor er anfing, seine eigenen Weine zu produzieren. 
© Stefan Schaufelberger
Stephan Herter ist gelernter Koch und arbeitete viele Jahre im Weinhandel bevor er anfing, seine eigenen Weine zu produzieren. 

Ende April 2016 zerstörte der Spätfrost einen Grossteil von Stephan Herters Ernte. Der Supergau für ein junges Weingut ohne Rücklagen oder Reserven. Erst recht, da er kurz zuvor mit seiner Frau, den zwei Töchtern und den Weinen in ein eigenes Haus zog. Doch als Macher hatte Stephan Herter schnell einen Plan gefasst: «Ich konnte nicht einfach da sitzen und nichts tun.» Per Crowdfunding mobilisierte er seine bis dahin gewonnenen Fans und Kunden und sammelte Geld, um Traubengut in anderen Regionen der Schweiz einkaufen zu können. Und das klappte prächtig! Als Belohnung für die Spender gab es ein paar Monate später flaschenweise vom daraus gekelterten «Väterchen Frost». Ein Happy End? Leider nein, im Jahr 2017 doppelte die Natur nach und zerstörte in zwei Frostnächsten wiederum einen Grossteil der Ernte.
Für Aussenstehende wirkte es wie ein kleines Wunder, dass Stephan Herter im Jahrgang 2017 doch noch eine Ernte von immerhin 40 Prozent einfuhr. «Die Theorie ist gewagt, doch ich glaube tatsächlich, dass meine Bemühungen der letzten Jahre, die Reben möglichst natürlich zu pflegen, nun in so einem schwierigen Moment Früchte trugen»,  meint er rückblickend. Die Nebenaugen, die allgemein als eher unfruchtbar gelten, hatten bei Herters alten und mittlerweile seit acht Jahren ohne Chemie gepflegten Reben am Taggenberg ausgebtrieben und nicht nur sprichwörtlich Früchte getragen. Glück oder das Werk eines Machers? Wohl eine Kombination.
www.herterwein.ch 

Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
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