Sven Wassmer in der offenen Küche seines neu eröffneten Restaurants «Memories».

Sven Wassmer in der offenen Küche seines neu eröffneten Restaurants «Memories».
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Memories: Alpenküche fernab aller Dogmen

FOTOS: Eine Sauce aus fermentiertem Spargel, ein Sauerteigbrot, eine Karotte und ein Salat-Dessert sind die Stars im ersten Menü von Sven Wassmer.

Im «Grand Resort Bad Ragaz» ist alles angerichtet für das nächste Schweizer Lokal mit internationaler Strahlkraft. Sven Wassmer und sein Team harmonieren schon beim Soft Opening so gut, dass sie bleibende Erinnerungen schaffen. Alleine das von Patissier Andy Vorbusch perfektionierte Sauerteigbrot aus 90 Prozent Weizen- und 10 Prozent Vollkornmehl wäre den Besuch im weitläufigen, aber dennoch intimen Lokal wert.
Küchenchef Wassmer setzt mit seiner von Dogmen befreiten alpine Küche aber noch viele andere Highlights – und zeigt sich einmal mehr als Meister der Saucen. Jene zum in Nordnorwegen geangelten, behutsam pochierten Heilbutt verdankt ihre Kraft in Molke fermentiertem Spargel aus dem nahen Reichenau. Die Milchsäuregärung sorgt doch tatsächlich dafür, dass sich auch käseartige Geschmacksfacetten entwickeln. Einem aus Vorarlberg angereisten Fachjournalisten gefällt das so gut, dass er sich ein ganzes Pfännchen Sauce als Nachschlag bringen lässt.
Immer wieder kommen auch die Köche zu den Gästen, giessen Sauce über ein Gericht oder erzählen von dessen Entstehung. Getreu dem Motto von Sven Wassmer, dass sich Küche und Service im Memories die Gastgeberrolle teilen. Was auf den Tisch kommt ist reduziert (Wassmer: «Je länger ich koche, desto mehr lasse ich weg»), aber niemals karg. Und so wird selbst eine simple Karotte zur Attraktion. Wassmer legt sie geschält in ein Calcium-Bad, um ihr Aroma zu verdichten. So wie es früher passierte, wenn man Gemüse über den Winter in Erde oder Sand einbuddelte. Dazu gibt es ein Pesto aus Karottengrün, Rollgersten-Koji und statt der modischen Physalis fruchtig-säuerlichen Bergsanddorn.

«Je länger ich koche, desto mehr lasse ich weg»
Sven Wassmer

Zum Schluss darf dann wieder Patissier Vorbusch brillieren. Er tut es mit einem sogenannten Knuspersalat – fermentierten und kandierten Salatblättern, Kefir-Erbsen-Creme und Gurkengranita. «An diesem Gericht haben wir lange herumgepröbelt und die Geschmäcker austariert. Das Ergebnis ist nun weder salzig noch süss, sondern typisch für Andy», erklärt Wassmer bei der improvisierten Manöverkritik in der offenen Küche. Tatsächlich versteht es Vorbusch wie kaum ein Zweiter, die Grenzen zwischen herzhafter und süsser Küche verschwimmen zu lassen. So auch beim Kartoffel-Knusperröllchen mit Schokolade und Kaviar, einem der Petit-fours.
Die Weinbegleitung ist bei Wassmers Frau Amanda und Sommelier Sebastian Stichter in allerbesten Händen. Und: Die alkoholfreien Alternativen begeistern. Vor allem ein Saft von wilden Preiselbeeren vom Obsthof Retter in der Steiermark und ein Rhabarber-Spritz auf Basis von zentrifugiertem Rhabarbersaft.
www.memories.ch

Alex Kühn
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