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Jahrgangsprognose: Mehr Frucht, mehr Säure

Der Jahrgang 2019 bricht keine Rekorde. Dafür besticht er im Gegensatz zum Vorjahr mit Eleganz. Falstaff hat mit Schweizer Winzern über das Weinjahr gesprochen.

Letztes Jahr häuften sich die Rekordmeldungen am laufenden Band. Rekordsommer, Rekord­ernte, Rekordweine hiess es letztendlich. In diesem Jahr war es um den Weinjahrgang etwas ruhiger. Nur hie und da vernahm man eine Meldung. Hagel und Frost waren wieder ein Thema, glücklicherweise aber nicht derart flächendeckend wie im Jahr 2017, sondern nur partiell. Selbstverständlich macht es das für die betroffenen Winzer nicht einfacher. Frost gab es im Frühjahr laut Lorenz Kern, Leiter Rebbau und Önologie der Forschungsanstalt Wädenswil, beispielsweise in Basel. Hagel gab es vor allem im Zürcher Weinland, worauf wir später zurückkommen.

«Der Austrieb war in diesem Jahr recht spät und es war kalt, weshalb das Wachstum der Rebe nicht so recht vorankam. Im Sommer ging es dann aber plötzlich Schlag auf Schlag, was für die Winzer viel Arbeit bedeutete. Die Ernte war zwar später als im Jahr 2018, liegt aber durchaus im Zehnjahresschnitt», berichtet Kern. Hinsichtlich der Menge lassen sich zu diesem Zeitpunkt noch keine endgültigen Aussagen treffen. In Wädenswil, Stäfa und am Zürichsee fiel sie jedoch um etwa 10 Prozent geringer aus als im letzten Jahr. «2018 waren die Winzer hinsichtlich der Menge schon sehr verwöhnt», gibt Kern zu bedenken. Im Gegensatz zum Vorjahr gab es im Herbst vor der Ernte durchaus kühlere Nächte, was der Aromenausprägung der Trauben zugute kam. Die hebt Kern neben der höheren Säure in diesem Jahr auch hervor, wenn es um die Weinqualität geht.

Einer, der in diesem Jahr von besagtem Hagel heimgesucht wurde, ist Holger Herbst vom gleichnamigen Weingut im Zürcher Weinland. Letztendlich waren alle seine Rebberge betroffen, eine Parzelle in Truttikon traf es aber besonders schlimm. Der Hagel zerstörte das Laub der Reben und dementsprechend hinterher waren die Pflanzen mit der Reife. Herbst spricht bei dieser Parzelle von einem Ernteausfall von um die 80 Prozent. An seiner Renommeelage, dem Schiterberg, machte sich der Mehltau zu schaffen, was letztendlich auch zu grossen Ernteeinbussen führte. Hier verlor er 75 Prozent. Dennoch spricht Holger Herbst von einem guten Jahrgang hinsichtlich der Qualität, die Säurewerte seien sehr gut und die Zuckergehalte der Trauben nicht ganz so extrem wie im letzten Jahr. «Mir gefallen die Weine bisher sehr. Vor allem die ausgeprägte Fruchtigkeit und die frische Säure», erzählt Herbst. Von einigen seiner Kollegen in der Region vernahm er, dass es zum Ende der Reifeperiode hin bei den roten Trauben Probleme mit der Kirschessigfliege gab. Genau das berichtet Lorenz Kern auch vom Zürichsee und Paolo Visini vom Weingut Kopp von der Crone aus dem Tessin.

Vor allem im Sopraceneri soll der Schädling sein Unwesen getrieben haben. Visini ist durchaus zufrieden mit dem Jahrgang. «Die Menge ist etwas geringer, aber dafür sind die Säuren beim Merlot sehr schön ausgeprägt. Und vor allem die Frucht gefällt mir in diesem Jahr besonders», berichtet er. Während andere Winzer hierzulande mit Frost und Hagel kämpften, kämpfte Visini gegen Wildschäden. Rund eine Tonne Trauben haben sich die Rehe einverleibt. Weder Netze noch die Jäger in der Region konnten Abhilfe schaffen. Rodrigo Banto, Önologe bei der Cave de la Côte in Tolochenaz, berichtet aus dem Waadtland von einem regnerischen Frühling, aber warmen und trockenen Herbst. «Es wird ein schöner Jahrgang, nicht so üppig wie 2018, sondern eher elegant», so Banto.

Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2019

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