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Interview mit Sommelier Jérôme Aké Béda

Jérôme Aké Béda gehört zu den grössten Kennern der Waadtländer Weine. Der Sommelier hat schon so manchen Weinfreak von den Vorzügen des Apéroweins Chasselas überzeugen können.

Jérôme Aké Béda ist berühmt im Waadtland, kaum einer hat mehr für den heimischen Wein getan als der von der Elfenbeinküste stammende Sommelier. Autodidaktisch hat er sein Handwerk gelernt, die Begeisterung und die Passion für die Traubensorte Chasselas muss ihm aber in die Wiege gelegt worden sein. Die «Auberge de l’Onde» im Lavaux gehört zu den Pflichtlokalen für einen Waadtlandreisenden. Eine wahre Pilgerstätte für Chasselasfans und für solche, die sich von der Rebe überzeugen lassen wollen.

FALSTAFF: Chasselas ist keine Sorte, in die man sich einfach verliebt, vielen sind Chasselas-Weine zu leicht. Was entgegnen Sie Gästen, die das auch so sehen?
Aké Béda: Ich habe viele Gäste, die ­beispielsweise einen Chardonnay bei mir bestellen. Die überrasche ich dann gerne mit einer Blinddegustation und schenke ihnen gereiften Chasselas ein. Dieser kann durchaus wie ein Meursault riechen oder auch wie ein Riesling. Chasselas ist subtil, aber ebenso vielfältig und für mich eine der besten Traubensorten der Welt.

Was macht Chasselas denn zu einem grossen Wein?
Die grössten Traubensorten der Welt zeigen die Umgebung, in der sie gewachsen sind, im fertigen Wein – Pinot noir etwa oder Chardonnay. Chasselas kann das auch, jedoch erst nach einigen Jahren der Reife.

Chasselas soll reif getrunken werden!?
Sie überraschen sicher viele gestandene Weintrinker mit solchen Aussagen. Das ist nun mal so. Chasselas braucht ein gutes Terroir, um sein volles Potenzial zeigen zu können, und der beste Ort der Welt für die Sorte ist vermutlich hier am Genfersee. Jung sind diese Weine dann natürlich sehr intensiv und der Alkohol im Jungstadium oft noch etwas störend. Nach zwei, drei Jahren der Reife aber zeigen sie ihr volles Aromenspektrum, erst dann sind sie richtig gut. Die besten Weine aus Spitzenjahren können viele Jahre im Keller reifen.

Gereifte Chasselas-Weine sind sehr schwer zu kriegen, oft sind nur die aktuellen Jahrgänge verfügbar. Gibt es da einen Trick?
Den gibt es leider nicht. Ich frage die Produzenten immer, ob sie noch gereifte Weine da haben. Die Antwort ist leider immer öfter nein, da ich nicht der Einzige bin, der fragt. Wer einen gereiften Chasselas trinken will, sollte also am besten ein Restaurant in unserer Region besuchen, das solche Weine anbietet.


Chasselas

Chasselas ist eine alte, weisse Traubensorte, die zur Weinproduktion, aber auch als Tafeltraube Verwendung findet. Die Sorte ergibt einen leichten, süffigen und vor allen Dingen frischen Weisswein mit eher neutralem Charakter. Bei besten Bedingungen und altem Rebbestand gerät Chasselas betont mineralisch und ausdrucksstark. In den letzen Jahren entdecken mehr und mehr Weinliebhaber die Vorzüge gereifter Chasselas-Weine. Die Sorte ist heute fast nur mehr in der französischen Schweiz und in Süddeutschland zu finden – im Waadtland als Chasselas betitelt, heisst sie im Wallis Fendant, im süddeutschen Markgräflerland ist sie als Gutedel bekannt. Der Westschweizer Stil sieht einen biologischen Säureabbau vor, was die Weine gegenüber ihren süddeutschen Pendants milder erscheinen lässt.

Erschienen in
Falstaff Special «Vaud» 2019

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Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
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