Foto beigestellt

Grand Marnier Master Blender Patrick Raguenaud im Falstaff Talk

Der Cognac-Experte und Grand Marnier Vertreter über die Verbindung seiner eigenen Geschichte mit der, der Marke, neue Herausforderungen und alte Raritären sowie seine eigenen Vorlieben im Glas.

Im Jahr 1880 erstmals von Louis-Alexandre Marnier Lapostolle kreiert, begeistert Grand Marnier seit mehr als 140 Jahren mit seiner Rezeptur. Kopf hinter der gleichbleibenden hohen Qualität ist Patrick Raguenaud. Als Master Blender verantwortet er seit insgesamt 18 Jahren die Selektion und das Blending des französischen Cognac-Likörs – von der Produktion des Cognacs über die Herstellung der Bitterorangen-Essenz bis hin zur harmonischen «Vermählung» beider.

Als Vertreter der Kult-Marke steht Raguenaud aber nicht nur für den Lifestyle und die Qualität von Grand Marnier, mit seiner offenen und charismatischen Art versucht er auch immer wieder Wege zu finden, um neue Generationen anzusprechen.

Raguenauds eigene Geschichte ist dabei genauso eng mit jener der Marke als auch der Region verwoben: Geboren im französischen Jarnac im Département Charente-Maritime in Südwestfrankreich wuchs Raguenaud in der Region Cognac auf. Viele Mitglieder seiner Familie waren somit bereits seit dem 17. Jahrhundert in der Cognac-Industrie tätig. Man könnte also fast von einer Berufung zum Master Blender für die Brand sprechen.


FALSTAFF: Sie sind in Cognac aufgewachsen – wie sehr wurden Sie dadurch geprägt beziehungsweise wollten Sie schon immer mit Cognac arbeiten?
Patrick Raguenaud: Ich bin in dieser Gegend aufgewachsen und hatte das Glück, dass mein Vater und mein Onkel bereits mit Cognac gearbeitet haben. Als ich jünger war, drehten sich die Gesprächsthemen zuhause also schon immer um Cognac und die Arbeit – dadurch war ich irgendwie schon immer involviert.

Erst als ich später zur Schule ging –  ich bin sehr früh nach Lycée gegangen, da wir am Land gelebt haben und mein Vater mir eine gute Schulbildung ermöglichen wollte – habe ich erkannt, dass sich nicht alles um Cognac dreht. Ich startete später mein Studium zum Ingenieur und umso länger ich von zuhause weg war, umso mehr wurde die Verbindung zu meinen Wurzeln kleiner und kleiner.

Die grosse Veränderung kam erst, als ich zu Martell ging und somit zurück in meine Heimat. Ich startete 1990 bei Martell als Master Blender und war dort für alle Produkte verantwortlich ­– vom Wein über Destillate bis hin zu den Blendings. Für mich fühlte es sich wie eine Revolution an. Das was ich zuvor gelernt habe, als ich von zuhause weg war, konnte ich endlich mit dem verbinden, was ich heute lebe. Wenn man sein ganzes Leben am selben Ort verbringt, lernt man nichts neues, man muss über sich selbst hinauswachsen. Das war für mich eine echte Lebenslektion.

Master Blender Patrick Raguenaud
Foto beigestellt
Master Blender Patrick Raguenaud

Können Sie sich noch an den Moment erinnern, als Sie das erste Mal Grand Marnier probiert haben?
Nein. (lacht) Als ich begann hier zu arbeiten, war es meine erste Aufgabe, das Produkt zu verstehen. Ich komme aus der Cognac-Welt und hier kam ich in einer Likör-Welt an – das ist ein grosser Unterschied. Also arbeitete ich eng mit meinem Vorgänger als Master Blender zusammen und wir verbrachten sehr viel Zeit damit, den Likör neu zu «entdecken» – die verschiedenen Ingredienzen, die Aromen, den Charakter – einfach alles. Eine klare Erinnerung an meinen allerersten Schluck habe ich allerdings nicht.

Sie arbeiten bereits seit mehr als drei Jahrzehnten in der Branche. Hat sich der Likör in dieser Zeit verändert? Beziehungsweise haben sich die Techniken der Herstellung verändert?
Nein. Ich habe ein Foto in den Archiven von Grand Marnier gefunden – ich denke das Foto wurde am Anfang des 20. Jahrhunderts aufgenommen, 1905 oder 1904 – und dieses Foto zeigt Orangensäcke von Grand Marnier, dieselben Orangensäcke, die wir heute noch hier haben. Zudem ist auf einigen Säcken Curaçao zu lesen. Das bedeutet, dass Grand Mariner seine Orangen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts von dort bezog. Absolut aussergewöhnlich! Und auch die Techniken sind noch dieselben. Grand Marnier hat wirklich eine lange, lange Tradition und das gefällt mir!

Grand Marnier wird auf unterschiedliche Weise genossen – als Aperitif, Digestiv oder in Cocktails – wie trinken Sie ihn am liebsten?
Das kommt immer darauf an. Also Margarita ist auf jeden Fall meine Nummer eins – das können meine Kinder und meine Frau bezeugen. Da habe ich meinen Shaker und mein Eis, meinen Limettensaft – ja, ich denke, ich bin ein grosser Margarita-Experte. Ich liebe es. Mein zweiter Lieblingsdrink ist sicherlich Grand Marnier Tonic – er ist einfach zuzubereiten und vor allem im Sommer sehr erfrischend.

Welche sind aus ihrer Sicht die interessantesten Grand Marnier «Jahrgänge»?
Naja der Likör den wir herstellen, ist eigentlich jedes Jahr derselbe. Wir haben bei Grand Marnier also keine Vintage-Politik. Natürlich unterscheiden sich Feinheiten von einem auf das andere Jahr und es stimmt auch, dass manche Jahrgänge besser in der Qualität sind als andere. Durch die Expertise bei der Destillation des Cognacs, ist das für uns aber kein Problem. Zudem werden beim anschliessenden Blending die einzelnen Jahrgänge ausbalanciert – das ist auch die eigentliche Schlüsselaufgabe von uns, also die Beständigkeit der Marke aufrechtzuerhalten. Sogar nach 45 Jahren ist das Blending für mich das Herz unseres Geschäfts, die Hauptaufgabe all unserer Aufgaben.

Welcher war der älteste Jahrgang, den Sie verkostet haben? Und was sind die ältesten Flaschen, die Sie im Keller aufbewahren?
Wir haben zum Beispiel einen Grand Marnier aus dem Jahr 1875. Aber der ist nicht gut (lacht). Aber wir haben auch einen 1906er, der exzellent ist ebenso wie 1930 – reich, rund, ausbalanciert – sehr gut. Davon versuchen wir natürlich so viele wie möglich zu erhalten. Verkostet werden sie nur zu speziellen Anlässen. Aber wenn ich in guter Laune bin, teile ich auch gerne mit guten Freunden...

Was ist Ihrer Meinung nach wichtig, um die jüngere Generation für die Marke Grand Marnier zu gewinnen?
Ich habe zwei junge Söhne, die gerne Grand Marnier trinken – am liebsten als Cocktail. Ich denke, das Cocktails allgemein interessanter sind für die junge Generation. Aber ja – wir müssen den Staub von den Flaschen wischen, die im Bar-Regal stehen und wir müssen Grand Marnier für die neue Generation attraktiver gestalten – mit neuen Rezepten und mit einer neuen Kommunikation.

Der Herstellungs-Prozess ist sehr handwerklich, sehr traditionell – wir sind in der Lage, unser Produkt von den Trauben und Orangen bis zur Flasche zu verfolgen – das ist in unserer Zeit einzigartig. Ich denke, dass die Kunden, auch die jungen, nach dieser Art von Produkt suchen, nach echtem Handwerk – und das haben wir, Geschichte mit einer starken Tradition und Qualität beim gesamten Herstellungsprozess.

Die Geschichte des Grand Marnier beginnt mit der Gründung einer Destillerie in Neauphle-le-Chateau durch Jean Baptiste Lapostolle im Jahr 1827. Gibt es bereits Pläne für das grosse 200-Jahre Jubiläum 2027?
Das wird auf jeden Fall ein bedeutender Meilenstein für Grand Marnier. Wir haben nur noch nichts, was wir bereits jetzt verraten dürfen. Aber es wird bestimmt etwas geben, ja.  

ZUR «GRAND EXPERIENCE» BEI GRAND MARNIER


Cocktail-Tipps mit Grand Marnier


Rafaela Mörzinger
Redaktions- und Portalmanagerin Falstaff Schweiz
Mehr zum Thema