Das Faule feiern: Fermentation in der Küche

Fermentierte Lebensmittel sind in der Schweizer Spitzenküche angekommen.

Gewagte Aromen sind wieder gefragt. Das zeigt der Trend zum Naturwein genauso wie die Rennaissance althergebrachter Methoden zur Konservierung. Trocknen, Einmachen, Fermentieren, all die traditionellen Verfahren gehören wieder zum guten Ton in den Spitzenküchen der Schweiz und auf der ganzen Welt. Experimentierfreudige Köche wie Jann Hoffmann vom Restaurant Café Boy, Spitzenkoch Nenad Mlinarevic vom Park Hotel Vitznauoder Fabian Spiquel vom Zürcher Sternerestaurant «Maison Manesse», sie alle fermentieren, zelebrieren den kontrollierten Verfall. Erdbeeren, Blumenkohl, Zitronen oder auch mal eine Ente: der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, alles wird vergoren.

Die richtige Gärung
Mit der forcierten Milchsäuregärung, dem zugrundeliegenden Verfahren bei dieser Fermentation, verändern sich die Lebensmittel zu etwas ganz Neuem, werden intensiver und oftmals komplexer in ihrer Aromatik. Ähnlich wie bei den Natur- und Orangeweinen, die in der Weinszene seit geraumer Zeit für eine Ausweitung des Geschmackskosmos sorgen. Beides kann sehr herausfordernd sein, wie Miguel Ladesma, Gastgeber und Sommelier im Züricher Sternerestaurant Maison Manesse weiss. «Die Gäraromatik ist eigentlich nicht erwünscht und kann schnell nerven, vor allem wenn sie auf dem Teller und gleichzeitig im Glas dominiert.»

Fabian Spiquel undMiguel Ledesma vom «Maison Manesse» / Foto beigestellt
Fabian Spiquel und Miguel Ledesma vom «Maison Manesse» / Foto beigestellt

«Schmutziges» Kochen
Dementsprechend akribisch achtet Ladesma bei seinem Weinpairing darauf die richtigen Partner zu finden und es mit dem Funk im Glas nicht zu übertreiben. So kombiniert er beispielsweise Kimchi mit restsüssem Riesling. Im Manesse wird die vergorene koreanische Spezialität sehr scharf zurbereitet und ist aromatisch ein bisschen «schmutzig», wie er es nennt. Dazu harmoniert die Süsse und Frucht eines deutschen Rieslings seiner Meinung nach besonders gut. Zu einem Teller mit fermentiertem Blumenkohl, ebenfalls eine etwas «schmutzige» Angelegenheit, kombinierte er vor geraumer Zeit einen Weissen aus dem Südwesten Frankreichs, den Petit Manseng Sec Cuvée Compte Philippe 2008 vom Chateau de Cabidos. Der Wein erinnerte aromatisch stark an süsslichen Mais und Popcorn, was sehr gut zu der strengen Aromatik des Blumenkohls passte. Es können also, müssen aber nicht immer besonders ausgefallene Weine zu fermentierten Speisen sein.

Experimentierfreudige Geniesser könnten zuhause mit einem Klassiker beginnen. Wie wärs mit selbstgemachtem Sauerkraut? Dazu wird im Elsass seit jeher Edelzwicker serviert, eine todsichere Kombination.

Text von Dominik Vombach
(www.herzogundvombach.com)

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