Kunst und Landschaft im Gleichklang. Wander Bertoni (1925–2019) machte das Burgenland rund um Winden am See zum wichtigen Teil seiner großartigen Kunstwerke.

Kunst und Landschaft im Gleichklang. Wander Bertoni (1925–2019) machte das Burgenland rund um Winden am See zum wichtigen Teil seiner großartigen Kunstwerke.
© Günter Standl/laif/picturedesk.com

Burgenland: Ein Land voller Kultur

Eine große, bunte Vielfalt auch in der Kultur zeichnet das jüngste Bundesland Österreichs aus. Orte, Festivals oder Landschaften mit Geschichte beeindrucken die Kunst-Flaneure.

Schloss Tabor

Mitten in den sanften Hügeln des einzigen Drei-Länder-Naturparks Europas, Raab-Orség-Goricko, liegt das Schloss Tabor in Neuhaus am Klausenbach (Bezirk Jennersdorf). Umgeben von viel Natur erhebt sich das historischen Baujuwel majestätisch über der Landschaft des Südburgenlands. Erbaut im Jahr 1469, gehört es zu den ältesten Gebäuden im Bezirk Jennersdorf. Nach einer mehr als wechselvollen Geschichte und der großartigen Generalsanierung in den Jahren 2002/2003 ist es heute ein ­wahrer Ort der unterschiedlichen Kulturen. 2019 ist es in den Besitz der Landesholding übergegangen. Damit hat der Bezirk Jennersdorf gleichzeitig ein eigenständiges Landes-Kulturzentrum bekommen, als das das Schloss nun auch genutzt wird.

Opernhaus unter Sternenhimmel

In den Räumlichkeiten des Schlosses kann man sich auf eine Zeitreise begeben und in die Geschichte eintauchen. In lauen Sommernächten verwandelt sich der Innenhof zu einem Opernhaus unterm Sternen­himmel, denn hier hat sich das kleine, feine Opern- und Operettenfestival »Jopera« bestens etabliert. Nach dem Erfolg mit Franz Léhars Operette »Die lustige Witwe« 2021 setzt Intendant Alfons Haider für das Festivaljahr 2022 auf einen weiteren Klassiker. Fritz Kreislers »Sissy«, ein Singspiel in zwei Akten, wird den Festivalsommer 2022 im Südburgenland einläuten.

Szenische Freilichtaufführung von Léhars »Die lustige Witwe« auf Schloss Tabor in Neuhaus am Klausenbach, einem der schönsten Plätze des Burgenlands.
© Valentin Blueml
Szenische Freilichtaufführung von Léhars »Die lustige Witwe« auf Schloss Tabor in Neuhaus am Klausenbach, einem der schönsten Plätze des Burgenlands.

Weihnachten auf dem Schloss

Traditionelles Kunsthandwerk, kulinarische Schmankerl aus der Region, besinnliche Musik und ausgewählte Weihnachtskabaretts sind die »Säulen« des kulturellen Advents auf Schloss Tabor. Das Schloss wird zur Kunsthandwerkstatt, eine Aus­stellung bietet schöne Keramik, Schmuck, Weihnachtsdekoration, Strohsachen und burgenländische Spezialitäten. An den Feuer­stellen im Schlosshof genießt man ­feine Kulinarik und herrlichen Glühwein.
jopera.at

Drei Schlösser Tour

Drei Schlösser, zwei Länder, eine Geschichte. Die drei Schlösser Tabor, Grad und Murska Sobota zählen zu den großen historischen Baudenkmälern der Regionen Jennersdorf und Pomurje. Ausgehend vom jeweiligen Schloss führt die Tour zu historisch bedeutsamen Orten, außergewöhnlichen Plätzen und wunderschönen Ausflugszielen. Auf der Kultur-Tour erfährt man viel vom gemeinsamen kulturellen Erbe und über Tradition und Geschichte der Schlösser. kulturschlosstabor.at

Güssinger Kultursommer

Der Güssinger Kultursommer bietet jährlich an verschiedenen Orten in und um Güssing ein wahres Füllhorn an hochkarätigen ­Veranstaltungen. Und man feiert 2021 20. Geburtstag. Pittoreske Schauplätze – von der Burg Güssing, dem Freilichtmuseum Ensemble Gerersdorf, der St. Emmerichs­kirche in Inzenhof, der Heiliggeistkirche in Stegersbach bis zur alten Mühle in Strem – sind die attraktiven Rahmen des Festivals, das 2001 von Frank Hoffmann ins Leben gerufen wurde. Hoffmann bereichert als Intendant das sommerliche Musikgeschehen im Südburgenland seitdem mit ganz unterschiedlichen musikalischen Events.

Auftakt und vielleicht auch der heimliche »Star« des Festivals ist jedes Jahr eine Theateraufführung auf der Burg Güssing. Mit dem Ambiente entfaltet sich ein ganz eigener Zauber, verbunden mit kurzweiliger Unterhaltung auf höchstem Niveau. Musikalische Größen wie Joe Zawinul, Toni Stricker, Wolfgang Ambros, Georg Danzer, Wolfgang Muthspiel oder Mnozil Brass waren bereits im Rahmen des Festivals zu erleben. Noch mehr Kulturgenuss gibt es jedes Jahr beim »Musical Güssing«. Intendantin Marianne Resetarits setzt hier besondere Akzente.

Birgit Sauers Welt

»Ihre Welt kann gar nicht weit genug sein«, schrieb der bekannte Kunsthistoriker Walter Koschatzky 1995 in einem Essay. Das passt zu ihrem Atelierraum, aber auch zur ihrer Medienvielfalt. 2004 eröffnete sie in einem ehemaligen Hangar des Trausdorfer Flughafens im Bezirk Eisenstadt-Umgebung ihre Arbeitswelt. »Ich liebe die Gegend hier. Sanft und wild, weich und weit« meint sie. Die »Weite« gilt im rein geographischen Sinn als auch für die Breite ihres Schaffens. Das Spektrum reicht von der Zeichnung, der klassischen Kaltnadel-Radierung über die Ölmalerei bis hin zur Fotografie und Videoprints.

Ihre Ausstellungen führten sie vom Burgenland und Wien nach Deutschland, Frankreich, Italien, China, USA oder Brasilien. Doch ihr Atelier ist ihre künstlerische Heimat, in der sie über Leben philosophiert, vor allem darüber, woher wir kommen, wohin wir gehen. Bei ihren Arbeiten spielt sie gekonnt mit Techniken, es sind perfekt gesetzte, expressive Arbeiten, die die Menschen mit auf eine Reise durch die surrealen Welten und Gemütszustände nehmen. Birgit Sauer steht stellvertretend für das breite Spektrum an junger Kunst im Burgenland.
birgitsauer.at

Museenlandschaft

Unter freiem Himmel, in privaten Sammlungen, Schlössern und Burgen oder in zeitgenössischen Galerien – die burgenländische Museumslandschaft ist so vielfältig wie das Land. Das Kunsthaus Rust (kunsthausrust.at) ist ein liebevoll restauriertes Winzerhaus, in dem man Contemporary Art, Schmuck, Gartendekor, Fashion im Presshaus und ganz vieles mehr entdecken kann. Auf einem Streifzug entdecken kann man auch die Sammlung Friedrichshof (friedrichshof.at). Sie ist eine private Initiative und besitzt die wohl umfangreichste Sammlung von Arbeiten der Wiener Aktionisten aus den 1960er- und 1970er-Jahren.

Die Dauerausstellung zeigt zentrale Werke von Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler. Mit jährlich wechselnden Ausstellungen stellt man zeitgenössische  Kunst als Gegenpol zur Sammlung und bringt beide in einen Dialog. Einen besonderen Dialog mit der Landschaft des Burgenlands kann man auch im Freilicht­museum Bertoni (bildhauer-wanderbertoni.com) am Nordufer des Neusiedler Sees ganzjährig bestaunen. Und gerade die durch die Jahreszeiten wechselnde Landschaft macht einen zusätzlichen Reiz aus. 1965 erwarb der Bildhauer Wander Bertoni eine Wassermühle in Winden am See am Fuße des Leitha­gebirges. Auf einem sehr alten Kulturboden (in Stichworten: römische Villa, Fund der ältesten Weinpresse auf österreichischem Gebiet, zweite Hälfte 200 nach Christus) entstand ein Kunstort der ganz außergewöhnlichen Art.

Die über 400 Großplastiken sind auch vom Kirschblütenradweg gut sichtbar. Seit dem Jahr 2010 ist die ungewöhnliche Eiersammlung Wander Bertonis im Kontext zu den anderen Bauten in einem interessanten Neubau untergebracht. Das »Gesamtkunstwerk«, das Wander Bertoni, der 2019 gestorben ist, geschaffen hat, findet über alle Grenzen hinaus Anerkennung. Auch er war einer, für den das Burgenland und seine beeindruckenden Landschaften Sehnsuchtsort und zweite Heimat wurden.

Kultur und Kulinarik

Kunst und Kulinarik verbindet das Kellerviertel Heiligenbrunn (kellerviertel-heiligenbrunn.at) mit den fundierten Führungen durch die Schaukeller und den feinen ­Uhudler-Verkostungen. Man entdeckt dabei  denkmalgeschützte, über 250 Jahre alte ­Keller, oft noch mit Stroh gedeckt, und kann eintauchen in den wilden Geschmack des einzigartigen Rebensafts. Kundige Führer des Weinbau- und Kellervereins Heiligenbrunn empfangen die interessierten Besucher und führen durch die traumhafte Natur und die Geschichte des sehr idyllischen Kellerviertels.

Im über 300 Jahre alten Kellergewölbe des Schlosses Esterházy in Eisenstadt wartet das größte Weinmuseum Österreichs auf die Besucherinnen und Besucher. Hier gilt es, über 700 einzigartige Objekte rund um Wein und den Weinbau zu entdecken. ­Kulturell-kulinarische Highlights inklusive. Ein wenig Geschichte als »Besuchsanreiz« gefällig? Schon 1666 konnte der schlosseigene Keller 2.800 Liter Wein aufnehmen, und man bezahlte Dienstnehmer, zum Beispiel auch den Hofkomponisten Joseph Haydn, teilweise mit »Eimern« voll Wein. In dem entdeckenswerten Weinmuseum im schönen Schloss Esterházy dreht sich jedenfalls alles um den besonderen Rebensaft.

Ilse Fischer
Ilse Fischer
Autorin
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