Château Pontet Canet

Château Pontet Canet
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Bordeaux Arrivage 2019 – Teil 2

Ein Jahrgang, der alles hat – Bordeaux 2019 kommt auf den Markt.

Zur aktuellen Verkostung: Der größere Teil der Crus Classés konnte bereits im Frühjahr 2020 in Wien verkostet werden. Zwar waren die En Primeur-Verkostungen vor Ort durch das Auftreten der COVID-Pandemie ausgesetzt, aber die meisten Weingüter reagierten professionell und schickten ihre Fassmuster an die Fachleute ihres Vertrauens in die ganze Welt hinaus. In zahlreichen Videokonferenzen wurden die Details hinterfragt und man konnte für die Subskription ein sehr gutes Bild dieses herausragenden Jahrgangs gewinnen. Umso überraschender war es für viele Beobachter, dass die Weine mit einem markanten Preisnachlass auf den Vorverkaufsmarkt gebracht wurden, die Güte der Weine und die sehr motivierende Preisgestaltung – in Bordeaux in den vorangegangenen Jahren schon aus der Mode gekommen, wie es schien– ließ die Nachfrage schnell anspringen.

Ende 2021 und Anfang 2022 bot sich nun die Gelegenheit, die Weine in der Flasche noch vor ihrer Auslieferung im fertigen Zustand zu verkosten. Das Conseil des Grands Crus Classés en 1855 in Person des verantwortlichen Direktors Sylvain Boivert organisierte einmal mehr Übersichts-Blindverkostungen in allen Appellationen (Haut-Médoc, Margaux, Saint-Julien, Pauillac, Saint-Estèphe und Sauternes) sowie Termine bei allen weiteren Spitzenbetrieben, die aus irgendwelchen Gründen ihre Weine nicht in die Sammelproben stellen wollten. So ist es Falstaff gelungen, alle klassifizierten Weine nochmals zu probieren und solche, die im Frühjahr 2020 ihre Weine nicht versenden wollte, rechtzeitig vor der Marktankunft erstmals zu bewerten. Einzig Château Ducru-Beaucaillou müssen wir vorgeben. Die haben uns weder ein Muster in 2020 geschickt, und auch in Bordeaux keine Flasche zur Verkostung zur Verfügung gestellt, da man angeblich ausverkauft wäre. Alles kann man eben nicht haben, wir werden die Notiz für diesen Wein gerne so bald wie möglich nachliefern.

Spitzenbetriebe als Vorreiter

Bei unseren Proben vor Ort wurden nun auch die Zweitweine der klassifizierten Gewächse kritisch unter die Lupe genommen, die in einem so hochwertigen Jahrgang wie diesem viel Freude bereitet haben und eine halbwegs preiswerte Alternative darstellen, während man die Grands Vins heranreifen lässt. Ein Wort noch zum Bio-Boom unter den Crus Classés. Die Anzahl, die sich für eine organische Herangehensweise entschieden haben, wächst weiter. Dazu einige Zahlen: unter den 88 Mitgliedsbetrieben des Conseils sind mit Stichtag 1. Jänner 2022 nicht weniger als 66 mit dem Umweltstandard »Haute Valeur Environnementale 3« zertifiziert, der höchsten Stufe für naturnahen Weinbau in Frankreich, 13 Betriebe sind in Umstellung auf Bio – darunter seit 2021 auch d’Yquem und Lafite-Rothschild, 9 Weingüter sind bereits biozertifiziert, einige davon auch biodynamisch wie Pontet-Canet oder Latour. Die Spitzenbetriebe sind sich ihrer Verantwortung also bewußt und nehmen auch hier wieder eine Vorreiterrolle ein.


Nächste Wochen folgen in Teil 3 die klassifizierten Weiß- und Rotweine aus Pessac-Léognan und deren Zweitweine.

Tasting Teil 2

Letzte Woche haben wir Ihnen in Teil 1 die allgemeinen Eindrücke zum Jahrgang 2019 in Bordeaux geschildert, und die Bewertungen und Verkostungsnotizen zahlreicher Weine mit einem Schwerpunkt zum rechten Ufer vorgestellt, die in den letzten beiden Monaten neu erstellt wurden.

Im zweiten Teil des Arrivage-Berichtes stehen die klassifizierten Gewächse des Klassements aus 1855 im Fokus und damit die weltberühmten Gewächse des Linken Ufers. Es sind die berühmten Namen des Médocs und natürlich auch die Weingüter aus Sauternes und Barsac im Süden der Stadt Bordeaux, die seinerzeit von einer Fachkommission mit dem Titel Grand Cru Classé ausgezeichnet wurden. Im Médoc waren es ausschließlich trockene Rotweine und im Sauternais edelsüße Weine aus den dort dominanten Weißweinsorten Semillon und Sauvignon Blanc. Während man im Médoc die Güter in fünf Gruppen vom Premier Grand Cru Classé bis Cinquième Cru Classé einteilte, so waren es 1855 für die Süßweine nur zwei. Über diesen Premiers und Seconds trohnt dann ein Wein der Extraklasse, Château d’Yquem – nur dieser führt die Bezeichnung »Premier Cru Classé Supèrieu«. Mit dem Jahrgang 2019 wird das Weingut diesen Rang erstmals seit langer Zeit wieder explizit am Etikett tragen.

Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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