Das Chateau Saint-Georges in Montagne-St. Emilion

Das Chateau Saint-Georges in Montagne-St. Emilion
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Bordeaux Arrivage 2019 – Teil 1

Ein Jahrgang, der alles hat – Bordeaux 2019 kommt auf den Markt.

Als »Arrivage«, die Ankunft bezeichnen die Weinexperten auf aller Welt den Markteintritt eines neuen Jahrgangs aus Bordeaux. Sowohl die Privatkunden, die sich die Kontingente ihrer Lieblingsweine bereits vorab in Subskription gesichert haben, wie auch die Fachhändler bekommen ab sofort laufend die Originalholzkisten der bekannten Gewächse geliefert.

2019 ist ein toller Jahrgang und schon allein deswegen extrem konsumentenfreundlich, denn in diesem Weinjahr ist in Bordeaux alles gelungen. Tolle Rotweine auf beiden Seiten der Gironde und im Graves, ausgewogen, elegant und frisch in allen Kategorien von Bordeaux Superieur über die Crus Bourgeois bis hin zu den klassifizierten Gewächsen. Auch die Süßweine sind sehr gut ausgefallen.

Eine weitere Besonderheit des Jahrgangs ist seine Zugänglichkeit, viele Weine sind bereits jung sehr harmonisch, ohne dass dies der Lager- und Reifefähigkeit einen Abbruch täte. Und das allerbeste daran: die Preise! Da dieser Jahrgang auch bedingt durch die Covid-Pandemie von den Weingütern vergleichsweise günstig auf den Markt gebracht wurde, werden auch die Händler vernünftige Preise ansetzen.

Zwar waren die Mengen nicht gering, es heißt aber dennoch schnell zuschlagen. Denn einerseits wird der Jahrgang von den Kritikern und auch von Falstaff zurecht hoch gelobt, andererseits werden sich nun auch kluge Köpfe in der Gastronomie wieder ein Lager anlegen. Sicher ist, so schnell wird sich diese Konstellation nicht wiederholen. Jetzt ist die Zeit reif, sich wieder und auch zum ersten Mal mit den Weinen aus Bordeaux zu befassen: Seit langen waren sie nicht so gut und zugleich – in vielen Fällen - so günstig. Sicher ist auch: die Preise werden am Sekundärmarkt blitzartig anziehen, das Fenster für Schnäppchen wird sich schnell schließen.

Falstaff hat den Jahrgang zunächst im Frühjahr 2020 für die Subskription aus der Distanz verkostet und bewertet. Abgesehen von wenigen Ausnahmen wurden alle wichtigen Weine nach Wien geschickt und hier von Chefredakteur Peter Moser als Fassproben verkostet. Ende 2021 und im Jänner 2022 ist er insgesamt dreimal nach Bordeaux gereist um die gefüllten Weine ein zweites Mal zu probieren. Die positive Ersteinschätzung wurde voll und ganz bestätigt. Gerne stellen wir ihnen nun in den nächsten Tagen die Neubewertungen geordnet nach Kategorien und Region zur Verfügung.

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Peter Moser zum Jahrgang 2019 in Bordeaux:

Die Voraussetzung zum Erfolg dieses im Zeichen von Covid geborenen Jahrgangs schuf Mutter Natur, die es mit den Winzern wirklich gut meinte: Obwohl man Anfang Jänner 2019 noch einige sehr kalte Tage verzeichnete, verlief das Frühjahr insgesamt relativ mild. Während der Winterperiode sorgten regelmäßige moderate Niederschläge dafür, dass sich die Wasserspeicher in den Böden wieder füllten. Eine wichtige Voraussetzung, sollte sich 2019 später als das durchschnittlich wärmste Jahr herausstellen, das bis dahin aufgezeichnet wurde.

Ende März, Anfang April zeigte sich der erste Austrieb, etwa eine Woche früher als üblich, nach einer kurzen kühlen und regnerischen Phase im Mai verlief die Blüte homogen und rasch unter besten Bedingungen, was die Weichen in Richtung einer ertragreichen Ernte stellte. Ende Juni stellte sich das Wetter um und blieb anhaltend warm und stabil, optimale Voraussetzungen für eine gute und gesunde Reife der Trauben, zwei kurze Hitzeperioden von wenigen Tagen im Juni sowie Juli setzten den Trauben in keiner Weise zu.

Regelmäßige kleinere Regenfälle versorgten die Rebstöcke in idealer Weise und waren hilfreich für die Akkumulation der Polyphelone in den Beeren. Bereits Ende Juli sah mit die ersten blauen Traubensorten umfärben, Mitte August war die Vérison bereits unter optimalen Bedingungen abgeschlossen.

Die Weinlese begann in der Appellation Médoc mit den Merlots um den 19. September, die nördlichen Regionen wie Pauillac und Saint-Éstèphe folgten ab dem 23. September unter blauem Himmel. Gegen Ende des Monats fielen noch einige Niederschläge, welche die Alkoholwerte der bereits vollreifen Cabernet Sauvignons etwas absenkten, aber speziell den Weingärten mit trockeneren Schotterböden entgegenkamen. Schließlich wurden die Trauben bis Ende der zweiten Oktoberwoche ebenso wie der Petit Verdot bei Tagen mit gutem Wetter geerntet und wiesen eine bemerkenswerte Finesse auf.

Am rechten Ufer bot sich ein uniformes Bild zu jenem im Médoc, auch hier herrschten hervorragende Bedingungen. Eine vergleichsweise frühe Reife der Trauben, auf Château Cheval Blanc begann man am 10. September mit den Merlots und noch vor den Regenfällen  Ende des Monats waren auch die Cabernets Francs bereits im Keller. Andere bekannte Weingüter warteten mit dem Bouschet (Cabernet Franc) noch zu und schlossen erst gegen den 10. Oktober die Rotweinlese ab. Das rechte Ufer verfügt aus 2019 über eine ganze Phalanx an hervorragenden Weinen, die einen authentischen Einblick auf das jeweilige Terroir erlauben.

Auch im Süden und Südosten von Bordeaux-Stadt verlief der Jahrgang sehr erfolgreich, die warmen Temperaturen ließen im Graves eher opulente Weißweine mit reifer Frucht entstehen, denen es im einen oder anderen Fall etwas an der Lebendigkeit mangelt, die sonst den Jahrgang auszeichnet. Um die Frische zu erhalten, war die Weißweinernte bereits Ende August im vollen Gange. Die Spitzenweingütern von Pessac-Léognan brachten aber nicht nur die Rotweine, sondern auch die Weißen gekonnt auf dem Punkt, die Grands Crus der Region lassen nichts zu wünschen übrig. 

In der Süßweinregion Sauternes und Barsac hatte die sommerliche Trockenheit schon bedenkliche Züge angenommen, als am 26. Juli ein sehnsüchtig erwarteter Regen die Wende zum Guten brachte. Die Niederschläge im ab 20. September setzen schließlich bei warmen Temperaturen die Edelfäule Botrytis in Gang, die Lese der Trauben gestaltete sich allerdings aufwendig und komplex, weil sich auch Graufäule einstellte.

Am 8. Oktober öffnete sich ein trockenes und windiges Schönwetterfenster, und in diesem Zeitraum konnte dann ein Großteil der Süßweinernte eingefahren werden. Auf Château d’Yquem begann man am 10. Oktober und innerhalb weniger Tage befand sich der Großteil des Grand Vins im Keller, am 14. Kehrte der Regen zurück, die fragileren Terroirs wurden in den Niederschlagspausen bis zum 22. Oktober gelesen. Entstanden ist ein kraftvoller, supereleganter Yquem von enormem Potenzial.

Zusammengefasst ist der Jahrgang 2022 einer jener raren Jahrgänge, wo so gut wie alles zusammenpasste und man sich in allen Appellationen und von Rotwein – sowohl am Linken wie am Rechten Ufer – über Weißwein bis hin zu Süßweinen über große Qualitäten freuen darf. Exzellente Weine bieten die großen Namen, aber auch eine Vielzahl von weniger prominenten Gewächsen – und das alles zu einem außergewöhnlich attraktiven Preis.

Jean-Hubert Delon, Besitzer von Châteaux wie Léoville-Las-Cases in Saint-Julien am linken Ufer sowie von Château Nenin in Pomerol am rechten Ufer resümierte über den Jahrgang 2019 wie folgt: »Ein delikates Jahr, das sich keinen Vergleich mit den allerbesten scheuen muss. Am linken wie am rechten Ufer bot sich das nämliche Bild: in jeder einzelnen Phase entwickelten sich die Trauben nur in Richtung Perfektion und bescherten dem Winzer eine herausragende Ernte. Früchte von ausgesuchter Qualität standen in reichem Umfang zur Verfügung und wurden in Weine verwandelt, die alles mitbringen, was sich der Konsument nur wünschen kann. Sie präsentieren sich ausgewogen, körperreich, mit einer bezaubernden Frische und zeigen einen komplexen, purem und reichen aromatischen Ausdruck ihres jeweiligen Terroirs. 2019 reiht sich ein unter die elegantesten Jahre in Bordeaux, zeigt Rasse und verfügt über ein großes Reifepotenzial.«


Die neuverkosteten Wein von Bordeaux 2019

Den Anfang machen die Weine des »Grand Cercle de Bordeaux« eines Zusammenschlusses von aufstrebenden Betrieben aus allen Regionen Bordeaux vom Bordeaux AC bis Grand Cru Classé, die sich allesamt sehr um Qualität und gutes Preis-Leistungsverhältnis bemühen. 133 Winzer bilden diese Gruppe, sie erzeugen mehrheitlich Rotwein am Rechten Ufer, aber auch Produzenten vom Linken Ufer, aus Pessac-Leognan, Graves und Sauternes haben sich angeschlossen. Die Weine des Cercles dienen den Fachleuten immer als Gradmesser für die durchschnittliche Qualität eines Jahrgangs, hier wird man immer wieder fündig.

Weitere Infos: grandcercle.fr

Ebenfalls ab heute verfügbar sind die Neubewertungen sämtlicher Grands Crus Classés aus der Appellation Saint-Emilion, die sich mit ihren stoffigen, von Merlot bestimmten und mit Cabernet Franc gewürzten Terroirweinen besonderer Beliebtheit erfreut. Und die dritte, kleiner Gruppe an Neuvorstellungen sind innovativen Weine, die sich bei und im Freundeskreis um Vinoble K, den Weingütern des chinesischen Investors Peter Kwok entwickelt haben, eine wahre Talenteschmiede für große Weine der Zukunft.

In Teil 2 werden wir Ihnen die klassifizierten Weine des Médoc, von Pessac-Leognan und Sauternes sowie die jeweiligen trockenen Weißweine präsentieren.

In Teil 3 dann die Bewertungen der Zweitweine sämtlicher klassifizierter Wein aus 2019.

Tasting Teil 1

Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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