Das Titelblatt des Kochbuches «Ein schön Kochbuch 1559» im unrestaurierten Zustand.

Das Titelblatt des Kochbuches «Ein schön Kochbuch 1559» im unrestaurierten Zustand.
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Ältestes Kochbuch der Schweiz neu aufgelegt

Von Biberschwanz bis Kalbsschlegel: Das bisher unbekannte Kochbuch aus dem Jahr 1559 gibt Einblicke in einstige Ess- und Trinkgewohnheiten.

«Schatz, heute gibt es Biberschwanz» – So oder so ähnlich muss es in den Schweizer Küchen des 16. Jahrhunderts geklungen haben: Das bisher unbekannte handschriftliche Buch «Ein schön Kochbuch 1559» wurde erst kürzlich entdeckt und eröffnet interessante Einblicke in die kulinarischen Gepflogenheiten der gehobenen Kreise der Ostschweiz. Ursprünglich für die bischöfliche Küche von Chur verfasst, umfasst das Buch 515 Rezepte, die unter anderem über die Zubereitung eines Biberschwanzes als Fastenspeise berichten.
Zucker, Ingwer, Muskat oder Nelken: Diese Gewürze spielten offenbar eine grosse Rolle beim Kochen. Sehr viel Raum nehmen allerdings auch Rezepte für Fruchtsäfte wie Latwerge oder Tipps für die Aufbewahrung von Wein und anderen Getränken ein. Zudem gibt es ein eigenes Kapitel mit Medizinalrezepten: Hier sollen mit verschiedenen Speisen alle möglichen Krankheiten, von Kopfweh und Verstopfung bis zu Gicht und Epilepsie, kuriert werden.


Auszug: Holder gmủes zủ machen

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Edition:
[65] Holder gmủes zủ machen. Wilt dủ ain holler [!] gmủes Machen, So zopf ỷ ab, wůrf ỷe In ein milch, las darin een aủf ij Stủndt, darnach eỷche es ab dủrch ain tůech, etz es aůf ain kol unnd wanns aủf eủdt, o mach ain taig gleich ainem aỷerbreỷ, nit zủủil aỷr unnd riers in die milch, leg ain ủckh bủtter darein, altz es recht, o wůrrde es gủet.

Übersetzung:
[65] Holundermus machen. Willst du ein Holundermus machen, so zupfe die Beeren ab, wirf sie in Milch, lass sie darin zwei Stunden stehen, dann siebe sie durch ein Tuch, setze sie auf die Glut und wenn es aufsiedet, so mache einen Teig wie einen Eierbrei, aber nicht zu viele Eier, und rühre ihn in die Milch; lege ein Stück Butter hinein, salze es gut, so wird es gut.


«Ein schön Kochbuch 1559» ist das bislang älteste deutschsprachige Kochbuch, das in der Schweiz entdeckt wurde. In einer neuen Publikation der Reihe «Quellen und Forschungen zur Bündner Geschichte» des Staatsarchivs Graubünden ist es nun professionell ediert und in modernes Deutsch übersetzt worden. Ergänzt wird die Edition durch ein Register und ein Glossar. Ausführliche Kommentare erläutern zudem die Zutaten, Masseinheiten und Mengenangaben.

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Ein schön Kochbuch 1559 – das älteste deutschsprachige Kochbuch der Schweiz
Walter Letsch
Gebunden, 488 Seiten
Verlag Desertina
Quellen und Forschung zur Bündner Geschichte: Band 36
Staatsarchiv Graubünden
ISBN 978-3-85637-502-7
Preis: CHF 45.–
www.desertina.ch

Rafaela Mörzinger
Redaktions- und Portalmanagerin Falstaff Schweiz
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