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Vegane Küchen: So nachhaltig ist das Interior Design im Fine Dining

Es muss nicht immer Fleisch sein: Veganes Fine Dining boomt. Aber auch die Interiors dieser Restaurants verändern sich dadurch: Es wird hell, grün, luftig und nachhaltig im Design.

24.03.2022 - By Karin Cerny

Gänsestopfleber aus ­Frankreich, Hummer aus der Karibik, Kobe-Rind aus Japan: Der CO–Abdruck der gehobenen Küche passt nicht mehr so recht in unsere Zeit. Selbst Restaurants, die nicht auf vegane Kost setzen, finden es mittlerweile dekadent, dass, wie es früher in der gehobenen Küche durchaus üblich war, bei jedem Gang ein anderes Filetstück auf dem Teller landet. »Wir verarbeiten in unseren Menüs gern ein tierisches Produkt in unterschiedlichen Varianten«, sagt etwa Lukas Mraz vom Wiener Sternerestaurant »Mraz & Sohn.

NEUE TRANSPARENZ

Die Haubengastronomie entdeckt das ­Gemüse. Vegetarisches und veganes Fine Dining boomen, für ein umwerfendes kuli­narisches Erlebnis braucht es kein Fleisch. Das »­Arcane« in Hongkong hat bereits 2018 ­begonnen, ein rein veganes Menü anzubieten. Mit dem neuen Hauptdarsteller auf dem ­Teller verändert sich aber auch das Design der Fine-Dining-Tempel. Das »Arcane« ist eine grüne Wohlfühloase inmitten eines ­hektischen Geschäftsbezirks; das »Humus x Hortense« in Brüssel ist ein heller Raum, der eine prächtige Art-déco-Decke mit einer funktionalen Einrichtung verbindet; das »Grön« in Helsinki hat Hängeregale mit Pflanzen. Waren Fine-Dining-Restaurants früher eher elitäre, abgeschlossene Orte, in die nicht viel Tageslicht drang, dominieren mittler­weile große Fenster, die die Räume nach außen hin öffnen sollen. Die neue Transparenz, die auf den Tellern regiert, setzt sich in den lichtdurchfluteten Räumen fort. Es herrscht hier ein innovativer Minimalismus, gepaart mit Nachhaltigkeit bei den Materialien.

»Uns ist nicht nur beim Essen wichtig, woher die Produkte kommen, sondern auch bei der Einrichtung.«

Larissa Andres – Mitbetreiberin von »Jola«

In Wien hat kürzlich das »Jola« eröffnet, es kocht Jonathan Wittenbrink, der bereits im vegetarischen »Tian« Erfahrungen gesammelt hat. Er führt das vegane »Jola« mit seiner Lebensgefährtin Larissa Andres. »Uns ist nicht nur beim Essen wichtig, woher die Produkte kommen, sondern auch bei der Einrichtung«, sagt Andres. »Unsere Stühle sind von TAKT Copenhagen, einem der nachhaltigsten Möbelunternehmen Europas, für die Wände haben wir vegane Kalkfarben verwendet.« Die alten Holzwände, die aus dem Vorgängerlokal übrig geblieben sind, wurden von einem Tischler upgecycelt – daraus ist ein neues Regal entstanden. Auch die Luster wurden eigens vom Wiener ­Lichtexperten seamply angefertigt. Das »Jola« ist edel und leger – auch das ist ein Trend, der sich im Fine Dining immer mehr durchsetzt: Man möchte auch ästhetisch Hemmschwellen abbauen. Die Gäste sollen sich einfach wohl fühlen, Distinktion steht nicht mehr im Zentrum.

KISSEN AUS ANANAS

Skandinavien hat nicht erst seit dem dänischen Spitzenrestaurant »Noma« beim Essen die Nase vorn, auch in Sachen Ausstattung gehen viele Impulse von den nordischen Ländern aus. Das »Ark« ist ebenfalls in Kopenhagen ­beheimatet und setzt auf lokale pflanzliche Zutaten – und zwar nicht nur beim Essen. Designer Jonas Edvard hat Lampen aus Seegras entworfen, die ein schönes, warmes Licht geben, die Stühle von Studio TAKT sind aus nachhaltigen Eichenwäldern, die Kissen von Ananas Anam wurden aus Abfallfasern von Ananasblättern hergestellt und enthalten keine schädlichen Chemikalien. »Nachhaltigkeit ist tief in unserer DNA verwurzelt, sie zieht sich wie ein roter Faden durch alle unsere Kon­zepte von den Lebensmitteln bis hin zu den Möbeln«, sagt Restaurantgründer Jason ­Renwick. »Unser Anliegen ist es, bewusstes, aber aufregendes Essen zu kreieren. Das ­Interieur ist von der natürlichen Bewegung der Sonne inspiriert und setzt auf ein helles, warmes und lebendiges Farbschema.«

Auch im »Cookies Cream« in Berlin treffen sich Tradition und Moderne. Als man 2007 eröffnete, gab es noch keine Regeln für ein vegetarisches Fine Dining, was sich durchaus als Vorteil erweisen sollte. Man experimen­tierte und kreierte einen eigenständigen Stil am Teller, aber auch im Restaurant, das auf Industrie-Chic setzt. Durch einen dunklen Hof neben der Komischen Oper geht es an Mülltonnen vorbei, bis man vor einer verschlissenen Tür steht, die man eher bei einem Club erwarten würde. Fine Dining und hippe Ausgehcoolness schließen sich in der gehobenen Gastronomie nicht mehr aus. Wo könnte man das besser beweisen als in Berlin?

Das »Cookies Cream« in -Berlin fühlt sich ein wenig wie ein cooler Club an. cookiescream.com

© Emil Schramm

ESSEN IM WOHNZIMMER

Auch das »Seven Swans« in Frankfurt, das 2020 als erstes veganes Restaurant der Welt mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, setzt auf Kreativität. Das beginnt schon beim Namen: Das schmale Haus ist eines der wenigen Gebäude, die im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurden. Bis es restauriert ­wurde, haben sieben Schwäne in dem Bau genistet. Man setzt im Restaurant auf Lässigkeit, es herrscht Wohnzimmeratmosphäre für Gäste, die in T-Shirts und Jeans kommen. Die einzelnen Räume erinnern mehr an eine Privatwohnung als an ein exklusives Restaurant. Das »Seven Swans« sorgt für eine intime, heimelige Stimmung – und punktet mit Blick auf den Main. Eigentlich hatte das Lokal ­angekündigt, dass es schließen würde. Aber Totgesagte leben bekanntlich länger. In Zukunft möchte man im »Seven Swans« ohne Kellner auskommen. Wenn es sich ergibt, trinkt der Küchenchef Ricky Saward ein Glas mit. Noch privater geht kaum.

»Das Interieur ist von der natürlichen Bewegung der Sonne inspiriert und setzt auf ein helles, warmes und lebendiges Farbschema.«

Jason Renwick – Gründer von »Ark«

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